Erstmals in der Geschichte der Raumfahrt ist die Landung mit einem Mini-Labor auf einem Kometen gelungen. Zehn Jahre, acht Monate und zehn Tage nach dem Raketenstart setzte mehr als eine halbe Milliarde Kilometer von der Erde entfernt das Landegerät "Philae" auf "Tschuri" auf. Allerdings war am Mittwoch noch unklar, ob das Labor durch die Harpunen fest auf dem Kometenboden verankert werden konnte.

Nicht ganz so reibungslos

Die erste Landung ist womöglich doch nicht so reibungslos verlaufen wie zunächst vermutet. Die Verankerung der Sonde auf der Kometenoberfläche werde überprüft, teilte der technische Projektleiter des Landerteams, Koen Geurts, am Mittwochabend vor Journalisten im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln mit. Demnach herrschte zunächst Unkarheit über die Standsicherheit der Sonde.

Es gebe "einige Anzeichen", dass die Verankerung des Forschungsroboters "Philae" nicht gewährleistet sei, sagte der Lande-Manager Stephan Ulamec. Das könne bedeuten, dass der Roboter "in weichem Material steckt".

Das Aufsetzen des Labors wird trotzdem von manchen Experten mit der Mondlandung 1969 verglichen. Im Satellitenkontrollzentrum der Europäischen Weltraumorganisation ESA in Darmstadt löste das Ereignis zunächst großen Jubel aus. "Der Tag heute ist historisch", sagte ESA-Generaldirektor Jean-Jacques Dordain. "Wir sind die ersten, denen das gelungen ist. Daran wird man sich erinnern." Das Ziel solcher Missionen sei, die Erde besser zu verstehen. "Wir hoffen auf Antworten zum Ursprung des Lebens auf der Erde", meinte der Darmstädter ESA-Direktor für bemannte Raumfahrt und Missionsbetrieb, Thomas Reiter.

Applaus auch in Graz

Applaus und Jubel brandete auch in Wien und Graz auf, als der Projektleiter für den Lander "Philae", der Österreicher Stephan Ulamec, per Liveschaltung die Landung des Mini-Labors "Philae" auf dem Kometen "67P/Tschurjumow-Gerassimenko" bekannt gab. "Das werden noch unsere Kinder in den Geschichtsbüchern finden", zeigte sich der Leiter der österreichischen Agentur für Luft-und Raumfahrt, Harald Posch, der derzeit Vorsitzender des Rates der europäischen Weltraumorganisation ESA ist, begeistert über das mit Gesamtkosten von einer Milliarde Euro dotierte Projekt.

"Fabulös" und "sensationell", lautete der erste Kommentar der Astrobiologin und Präsidentin des Wissenschaftsfonds FWF, Pascale Ehrenfreund, die an zwei Instrumenten von "Rosetta beteiligt ist. "Mit der Landung auf einem Kometen schreibt die Rosetta-Mission Weltraumgeschichte und Österreich ist mit an Bord", freute sich Weltraumminister Alois Stöger (SPÖ).

Das Labor war huckepack mit der Sonde "Rosetta" durch das All gereist und dann ausgesetzt worden. Während des siebenstündigen Landevorgangs auf der letzten Etappe von 22,5 Kilometer fuhr "Philae" bei dem gemütlichen Tempo eines Fußgängers die drei spinnenartigen Beine aus. Der Komet ähnelt in seiner Form einer Plastikente. Untersuchungen während der Mission ergaben, dass "67P/Tschurjumow-Gerassimenko", so der offizielle Name von "Tschuri", stinkt - zum Beispiel wegen Schwefelwasserstoffs nach faulen Eiern. Mit einem Volumen von etwa 25 Kubikkilometern zählt er zu den eher kleineren Kometen.

Mission als Meilenstein

Die Weltraumorganisation ESA betrachtet die Mission als Meilenstein. Das Aufsetzen auf dem Kometen hatten Fachleute als schwierig eingeschätzt, vor allem wegen der unklaren Bodenbeschaffenheit. Die Oberfläche stellte sich nach ersten Daten als eher weich heraus. An vielen Stellen ist der Komet mit Gesteinsbrocken übersät, es gibt aber auch hoch aufragende Felswände und steile Abgründe.

Bereits in der Nacht zum Mittwoch hatte es beim Klarmachen zum Landemanöver heikle Momente gegeben. Es war nicht sicher, ob auf "Philae" eine Düse funktioniert, mit der der Lander aufgrund der sehr geringen Schwerkraft auf "Tschuri" gedrückt werden sollte.

Wissenschafter hoffen nach der Landung nun auf einen Blick in die Kinderstube des Sonnensystems, das vor 4,6 Milliarden Jahren entstand. Kometen sollen weitgehend unveränderte Materie aus dieser Zeit enthalten - sie gelten als Boten der Vergangenheit. "Rosetta" und "Philae" haben zusammen etwa 20 Instrumente an Bord, um "Tschuri" unter die Lupe zu nehmen.

6,5 Milliarden Kilometer

"Rosetta" legte in den vergangenen zehn Jahren rund 6,5 Milliarden Kilometer im All zurück. Die Sonde war mit "Philae" an Bord am 2. März 2004 mit einer Ariane-5-Rakete von der Weltraumstation Kourou in Französisch-Guayana gestartet. Die Mission soll bis Ende 2015 dauern. "Philae" könnte seine Arbeit aber wesentlich früher einstellen.

Lang im Betrieb ist "Philae" aufgrund der Ladekapazität in den Batterien ohnehin nicht. Der Hauptjob soll in wenigen Tagen erledigt sein. Ob eine Verlängerung für "Philae" möglich ist, war zunächst unklar. Da "Tschuri" allerdings Richtung Sonne unterwegs ist, dürfte "Philae" die ganze Sache auch zu heiß werden - es droht der Hitzetod.