Im Beisein von US-Präsident Joe Biden hat New York am Samstag an die Opfer der Terroranschläge vom 11. September 2001 erinnert. Um 8.46 Uhr (Ortszeit) begann eine Schweigeminute an dem Ground Zero genannten Anschlagsort im Süden Manhattans - genau zu der Zeit, an der islamistische Terroristen vor 20 Jahren das erste von vier entführten Flugzeugen in den Nordturm des World Trade Centers in New York gesteuert hatten.
Zur Trauerfeier an der heutigen Gedenkstätte kamen neben dem Präsidenten und First Lady Jill Biden auch zahlreiche Angehörige von Opfern sowie Überlebende. Auch die ehemaligen Präsidenten Barack Obama und Bill Clinton waren mit ihren Ehefrauen anwesend. Vor der Schweigeminute hatte ein Chor die US-Nationalhymne gesungen.
Geplant waren insgesamt sechs Schweigeminuten zur Erinnerung an die Einschläge von zwei Flugzeuge im World Trade Center, den Einsturz der beiden Türme, den Einschlag eines weiteren entführten Flugzeugs im US-Verteidigungsministerium vor den Toren von Washington und den Absturz einer vierten entführten Maschine in Shanksville im Bundesstaat Pennsylvania. Bei der Zeremonie sollten zudem die Namen der 2.977 Todesopfer verlesen werden.
Aufruf zu nationaler Einheit
Zum 20. Jahrestag der Anschläge rief Biden die USA zur nationalen Einheit auf. Das sei die größte Stärke der Vereinigten Staaten im Angesicht der Not, sagte er in einer vorab aufgezeichneten Ansprache. Biden würdigte die bei den Anschlägen Getöteten und Verletzten sowie die Feuerwehrleute, Krankenschwestern und vielen anderen Helfer, die bei Rettungseinsätzen ihr Leben riskiert und zum Teil auch verloren haben.
Biden verwies auf die "dunkleren Kräfte der menschlichen Natur - Angst und Wut, Ressentiments und Gewalt gegen muslimische Amerikaner, gegen wahre und treue Anhänger einer friedlichen Religion". Dies habe die amerikanische Einheit gebeugt, aber nicht gebrochen. "Für mich ist dies die zentrale Lektion des 11. September, dass dann wenn wir am verletzlichsten sind, (...) im Kampf für die Seele Amerikas, die Einheit unsere größte Stärke ist", sagte Biden. "Einheit bedeutet nicht, dass wir dasselbe glauben müssen. Wir müssen einen grundlegenden Respekt füreinander und Vertrauen zueinander und in diese Nation haben."
Biden unterstrich: "Es ist so schwer. Ob im ersten oder im 20. Jahr." Kinder seien ohne Eltern aufgewachsen, Eltern hätten ihre Kinder verloren und gelitten. In den Tagen nach den Anschlägen hätten viele Menschen großen Heldenmut bewiesen, sagte der Präsident. "Wir haben auch etwas gesehen, das es viel zu selten gibt: wahrhaftige nationale Einheit."
Militäreinsatz in Afghanistan
Als Konsequenz aus den Anschlägen hatte der damalige US-Präsident George W. Bush 2001 den Militäreinsatz in Afghanistan befohlen. Die seinerzeit dort herrschenden radikal-islamischen Taliban hatten sich geweigert, die in Afghanistan vermuteten Drahtzieher der Attentate auszuliefern. Die Taliban wurden vertrieben. Al-Kaida-Chef Bin Laden wurde 2011 von US-Spezialkräften in Pakistan getötet. Dies hatte der damalige US-Präsident Barack Obama befohlen.
Dessen Amtsnachfolger Donald Trump ordnete den Abzug des US-Militärs aus Afghanistan bis Ende August dieses Jahres an. Dass Biden dies umsetzte und damit den raschen Sturz der vom Westen unterstützten afghanischen Regierung und die Rückkehr der Taliban an die Macht auslöste, stößt auf Kritik - auch in seinen eigenen Reihen.
Trump nutzte den Jahrestag der Terroranschläge für Attacken gegen seinen Nachfolger Biden. In einer am Samstag veröffentlichten Videobotschaft warf Trump dem Demokraten "Inkompetenz" beim Afghanistan-Abzug vor und sagte, der Präsident habe wie ein "Dummkopf" gewirkt.
Biden und die unfähige Regierung
In dem Video bezeichnete Trump zunächst den 11. September 2001 als "sehr traurigen Tag" und würdigte den Einsatz der Rettungskräfte bei den Anschlägen. Dann ging er direkt zur Kritik an Biden über. "Es ist auch eine traurige Zeit wegen der Art und Weise, wie vergangene Woche unser Krieg gegen jene endete, die unserem Land so viel Schaden zugefügt haben." Er bezog sich damit auf den vielfach kritisierten, chaotischen Abzug der US-Truppen aus Afghanistan.
Biden und seine "unfähige" Regierung hätten in Afghanistan kapituliert. "Wir werden Schwierigkeiten haben, uns von der Peinlichkeit zu erholen, die diese Inkompetenz verursacht hat", sagte der Rechtspopulist.
Anders als die Ex-Präsidenten Obama, Clinton und George W. Bush sollte Trump am Samstag an keiner offiziellen Gedenkzeremonie teilnehmen. Er wollte dafür am Abend für einen Streamingsender einen Boxkampf kommentieren.