Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu hat am Dienstag Verteidigungsminister Yoav Gallant entlassen. Grund seien zu viele Differenzen zwischen den beiden Politikern über Israels Kriegsführung gewesen, teilte das Büro Netanyahus mit. Das Vertrauen in Gallant sei „erodiert“. Neuer Verteidigungsminister werde Außenminister Israel Katz. Das Außenministerium wiederum soll Gideon Saar, Chef der konservativen Partei Neue Hoffnung, übernehmen.
Ehemaliger Rivale Netanyahus
Von Juni 2021 bis Dezember 2022 war Saar israelischer Justizminister und stellvertretender Ministerpräsident in den Kabinetten der Ministerpräsidenten Naftali Bennett und Jair Lapid gewesen. Als Mitglied der nationalkonservativen Likud-Partei gehörte er von 2003 bis 2014 der Knesset an, von 2009 bis 2013 war er Bildungs- und 2013/2014 Innenminister Israels. Nach einer gescheiterten Kandidatur um den Vorsitz des national-konservativen Likud-Blocks gründete Saar im Dezember 2020 die Partei Neue Hoffnung. Er galt einst als größter Rivale Netanyahus im Likud-Block.
Unter dem Eindruck des Massakers der Hamas vom 7. Oktober und des nachfolgenden Gaza-Kriegs hatte Saar sich als Teil eines Bündnisses zunächst der rechtsreligiösen Regierung von Netanyahu angeschlossen. Im März erklärte er jedoch seinen Rücktritt, weil Netanyahu ihn nicht zum aktiven Mitglied des Kriegskabinetts gemacht hatte. Ende September 2024 zog Saar als Minister ohne Geschäftsbereich in das Sicherheitskabinett des Ministerpräsidenten ein.
Schon einmal entlassen
„Obwohl in den ersten Monaten des Krieges Vertrauen herrschte und die Arbeit sehr fruchtbar war, ist dieses Vertrauen zwischen mir und dem Verteidigungsminister in den vergangenen Monaten leider zerbrochen“, schrieb Netanyahu zur Entlassung Gallants. Dieser habe Entscheidungen getroffen und Erklärungen abgegeben, die den Entscheidungen des Kabinetts widersprochen hätten, fügte der Ministerpräsident hinzu. Die meisten Kabinettsmitglieder stimmten mit ihm überein.
Auch Gallant äußerte sich. „Die Sicherheit des Staates Israel war immer meine Lebensaufgabe und wird es immer bleiben“, betonte er. Netanyahu hatte Gallant bereits im April vergangenen Jahres entlassen, weil dieser offen Kritik an der umstrittenen Justizreform geäußert hatte. Nach Massenprotesten machte Netanyahu damals die Entlassung jedoch wieder rückgängig.
Kritik an der Entlassung von Gallant
Mitglieder der Opposition kritisierten die Entlassung. „Politik auf Kosten der nationalen Sicherheit“, monierte der Vorsitzende der Nationalen Einheit, Benny Gantz, ehemaliges Mitglied von Netanyahus inzwischen aufgelöstem Kriegskabinett. Der rechtsgerichtete Polizeiminister Ben Gvir hingegen begrüßte die Entlassung. Mit Gallant sei der Sieg im Krieg unmöglich.
Am 7. Oktober 2023 hatten Kämpfer der Hamas und anderer militanter Palästinensergruppen mehrere Orte und ein Musikfestival im Süden Israels angegriffen. Nach israelischen Angaben wurden insgesamt 1.206 Menschen getötet, darunter auch mehrere der 251 in den Gazastreifen verschleppten Geiseln.
Mehr als 40 Tausend Tote
Israel geht seit dem Hamas-Angriff vom 7. Oktober massiv militärisch im Gazastreifen vor. Dabei wurden nach Angaben der Hamas-Gesundheitsbehörde, die nicht unabhängig überprüft werden können, mehr als 43.390 Menschen getötet.
Die mit der Hamas verbündete pro-iranische Hisbollah eröffnete mit Raketenangriffen auf den Norden Israels eine zweite Front. Als Reaktion beschoss Israel Ziele im Nachbarland. Zuletzt verstärkte die israelische Armee ihre Luftangriffe deutlich und startete Ende September zudem Bodeneinsätze gegen Hisbollah-Stellungen im Südlibanon.