Die militant-islamistische Palästinenserorganisation Hamas hat laut einem ihrer Vertreter einen Vorschlag für eine kurze Waffenruhe im Gazastreifen abgelehnt. Die von den Vermittlern Ägypten und Katar vorgelegten Vorschläge „beinhalten weder eine dauerhafte Einstellung der Aggression, noch führen sie zu einem Abzug der israelischen Armee aus dem Gazastreifen oder zur Rückkehr der Vertriebenen“, sagte das Mitglied des Hamas-Politbüros, das anonym bleiben wollte, am Freitag.

Der Vorschlag habe eine Erhöhung der Zahl der Hilfslieferungen sowie einen teilweisen Gefangenenaustausch vorgesehen. Bei Gesprächen zwischen Mossad-Chef David Barnea, CIA-Direktor William Burns und Katars Regierungschef Mohammed bin Abdulrahman al-Thani, die am Montag zu Ende gingen, war eine „kurzzeitige“ Waffenruhe von „weniger als einem Monat“ vorgeschlagen worden, wie die Nachrichtenagentur AFP am Mittwoch aus Verhandlungskreisen erfahren hatte.

Katar und Ägypten sind neben den USA wichtige Vermittler bei den indirekten Verhandlungen zwischen Israel und der Hamas. Seit Beginn des Gaza-Krieges, der durch den Hamas-Großangriff auf Israel vor mehr als einem Jahr ausgelöst worden war, bemühen sich die Vermittler um eine Einigung zwischen den Kriegsparteien.

USA bemüht, aber Israel setzt Angriffe fort

Nach der bisher einzigen Waffenruhe im November vergangenen Jahres, die eine Woche dauerte und in deren Rahmen israelische Geiseln im Austausch für palästinensische Häftlinge freigelassen wurden, waren die Verhandlungen in den darauffolgenden Monaten nicht entscheidend vorangekommen.

Trotz verstärkter Bemühungen der USA um Waffenruhen im Gazastreifen und im Libanon hatte Israel zuvor am Freitag seine Angriffe fortgesetzt. Allein im Gazastreifen wurden nach Angaben von Medizinern bis Freitag innerhalb von 24 Stunden mehr als 60 Palästinenser getötet und Dutzende weitere verletzt. Mindestens zehn Menschen seien durch einen israelischen Angriff in Nuseirat umgekommen, bei dem der Eingang einer Schule getroffen worden sei, in der Vertriebene Zuflucht gesucht hätten.

Vom israelischen Militär lag dazu zunächst keine Stellungnahme vor. In den südlichen Vororten der libanesischen Hauptstadt Beirut wiederum zählten Journalisten der Nachrichtenagentur Reuters am Morgen mindestens zehn Angriffe. Es waren die ersten Bombardements des Gebiets seit fast einer Woche.

Feuergefechte zwischen Israel und der Hisbollah

Im Osten des Libanon wurden nach offiziellen Angaben mindestens zehn Menschen getötet. Das libanesische Gesundheitsministerium teilte mit, weitere mindestens 26 Personen seien verletzt worden. Aus libanesischen Sicherheitskreisen hieß es, es habe rund 16 Luftangriffe auf mehrere Orte im Gouvernement Baalbek-Hermel im Nordosten gegeben. Die Hisbollah-Miliz ist in der verarmten Region im Osten besonders stark vertreten. Israels Armee hatte dort in den vergangenen Tagen bereits massiv angegriffen. Als Reaktion auf die heutigen Angriffe feuerte die Hisbollah nach eigenen Angaben Dutzende Raketen auf Ziele im Norden Israels ab.

Auch im Südlibanon gab es nach Meldungen der staatlichen Nachrichtenagentur NNA erneut zahlreiche Angriffe. Lokale Medien berichteten auch von mehreren Angriffen auf die Küstenstadt Tyrus.

Der kommissarische Ministerpräsident des Libanon, Najib Mikati, warf Israel angesichts dessen Sturheit gegenüber den Bemühungen zur Beruhigung der Lage vor. Israel lehne Lösungsvorschläge ab und bestehe auf „den Ansatz, zu töten und zu zerstören“.

US-Präsident Biden pocht auf Ende der Kämpfe

Israel kämpft im Gazastreifen gegen die Hamas und im Libanon gegen die Hisbollah-Miliz. Beide Gruppen werden von Israels Erzfeind Iran unterstützt. Die USA wiederum sind der wichtigste Verbündete Israels. Die Regierung von Präsident Joe Biden dringt seit langem auf ein Ende der Kämpfe. Diese Woche forderten die USA Insidern zufolge die libanesische Regierung dazu auf, einseitig eine Waffenruhe mit Israel zu erklären. Ziel sei es, dadurch die festgefahrenen Gespräche zur Beendigung der Feindseligkeiten zwischen Israel und der vom Iran unterstützten, radikalislamischen Hisbollah-Miliz wiederzubeleben. Der US-Gesandte Amos Hochstein habe das Anliegen Mikati vorgetragen.

Mikatis Büro dementierte jedoch in einer Erklärung gegenüber Reuters die Angaben, die von einem ranghohen libanesischen Informanten und einem ranghohen Diplomaten stammten. Das Büro betonte, dass die Regierung eine von beiden Konfliktparteien getragene Waffenruhe anstrebe sowie eine Umsetzung der UNO-Sicherheitsrats-Resolution 1701, die im Jahr 2006 ein Ende der damaligen Kämpfe zwischen Israel und der Hisbollah bewirkte. Die US-Botschaft in Beirut war für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen.