Die Angriffe auf Stützpunkte des UNIFIL-Kontingents im Süden Libanon nehmen kein Ende. Nun kamen erstmals auch österreichische Blauhelm-Soldaten zu Schaden, wie das Verteidigungsministerium am Dienstag mitteilt. Sie hatten aber allem Anschein nach Glück im Unglück.
„Acht Bundesheer-Soldaten des UNIFIL-Kontingents (United Nations Interim Force in Lebanon) wurden heute um 12.58 Uhr durch einen Raketentreffer im Camp Naqoura verletzt; keiner davon schwer. Es handelt sich um leichte und oberflächliche Verletzungen. Eine notärztliche Betreuung ist bei keinem der Soldaten notwendig“, so die Erstinformation. Wie Ministeriumssprecher Oberst Michael Bauer präzisierte, gehen die Verletzungen der Soldaten „nicht über kleine Fleischwunden und Abschürfungen hinaus“. Sie werden derzeit im Camp medizinisch versorgt. Ein Ausfliegen der Verletzten und eine Rückkehr nach Österreich stehe momentan nicht zur Debatte, so Bauer.
Kam Rakete von der Hisbollah?
Die betroffenen Soldaten sind Angehörige des Instandsetzungszuges. Sie befanden sich zum Zeitpunkt des Vorfalls im Bereich ihres Arbeitsplatzes, den Kfz-Werkstatthallen des Camps. Woher der Angriff kam, ließe sich derzeit nicht sagen, heißt es im Verteidigungsministerium. UNIFIL teilte später auf X mit, dass die Rakete nördlich des Camps abgefeuert worden war, was auf eine Urheberschaft der Hisbollah oder einer verbündeten Gruppe hindeute. Ein Ermittlungsverfahren werde eingeleitet. Insgesamt sollen vier Raketen abgeschossen worden sein, eine davon traf das Camp-Gelände.
Bisher hatten sich die Angriffe und Zwischenfälle auf Beobachtungsposten außerhalb des UNIFIL-Hauptquartiers beschränkt. Das österreichische Kontingent ist zur Gänze im Camp Naqoura rund 110 Kilometer südlich der Haupstadt Beirut und unweit zur Grenze zu Israel stationiert. Die Soldaten sind Teil der Transport- und Logistikeinheit und stellen auch die Camp-Feuerwehr.
Verteidigungsministerin Tanner: „Fordern Aufklärung“
„Wir verurteilen diesen Angriff auf das Schärfste und fordern die sofortige Aufklärung des Angriffes. Alle Seiten sind aufgerufen, umgehend die Sicherheit aller Blauhelmsoldaten zu gewährleisten. Es kann und wird nicht toleriert, dass die Blauhelmsoldaten der UN-Friedensmission beabsichtigt oder unbeabsichtigt in Gefahr gebracht werden. Ich wünsche den verletzten Kameraden eine rasche Genesung“, wird Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) in einer Stellungnahme zitiert. Mit Empörung reagierte auch Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) auf den Zwischenfall: Die Sicherheit der Blauhelme muss jederzeit gewährleistet sein. Angriffe auf UN-Friedenstruppen stellen einen schweren Verstoß gegen das Völkerrecht dar und sind völlig inakzeptabel“, schrieb Schallenberg auf der Plattform X.
Kein Abzug der Österreicher aus dem Libanon
Schon zuvor hatte Tanner bekräftigt, dass die rund 165 österreichischen Soldatinnen und Soldaten der Blauhelmtruppe bis auf Weiteres im Einsatzraum bleiben. Einen Alleingang werde es nicht geben. Ein Abzug beziehungsweise eine Nichterfüllung des Mandats würde die Bedeutung und die Wichtigkeit der Vereinten Nationen infrage stellen oder untergraben, bekräftigte die Verteidigungsministerin.
Seit Beginn einer israelischen Bodenoperation gegen Stellungen der Hisbollah-Miliz im Süden des Libanon sind immer wieder auch Stellungen der Friedenstruppe beschossen worden. Fünf Blauhelmsoldaten waren bisher verletzt worden. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu hatte die UNO aufgefordert, die UNIFIL-Truppen aus den Kampfgebieten im Südlibanon abzuziehen, die Truppenstellernationen lehnen das ab.