Noch bevor Hurrikan „Milton“ Florida mit voller Wucht traf, kam es zu tödlichen Vorboten. In Fort Pierce an der Ostküste des US-Bundesstaats kam es aufgrund eines Tornados zu mindestens vier Todesfällen in einem Seniorenheim.

Insgesamt ist die Rede von mindestens 19 Tornados, die im Einzugsbereich von „Milton“ aufgetreten sind. Dass es bei Hurrikans auch zu Tornados kommt, ist nicht ungewöhnlich, sehr wohl aber die hohe Anzahl, erklärt Georg Pistotnik, Unwetter-Experte der Geosphere Austria. Die genaue Anzahl ist dabei aber nur schwer festzustellen. Das liege am Schadensbild, das oft nicht von dem des Hurrikans zu unterscheiden sei, an fehlenden Augenzeugenberichten bzw. am Umstand, dass es heftig stürmt und regnet.

Ein Tornado entsteht in Martin County (Florida)
Ein Tornado entsteht in Martin County (Florida) © IMAGO/CRYSTAL VANDER WEIT/TCPALM

Tornados als Vorboten

Dass es in diesem Fall zu außergewöhnlich vielen Tornados schon Stunden vor dem Hurrikan gekommen ist, liegt an mehreren Faktoren, die bei Milton zusammengetroffen sind. „Es braucht eine instabile Luftschichtung, die auch Gewitter erlaubt und gleichzeitig eine Windscherung, also unterschiedliche Windrichtungen in unterschiedlichen Höhen“, erklärt Pistotnik. Am Meer sei das noch nicht der Fall, der Wind des Hurrikans weht annähernd in die gleiche Richtung, „aber wenn er auf Land trifft, kommt es zu Verwirbelungen in Bodennähe. Wenn Luftwirbel in der Nähe von Gewitterwolken auftreten, können diese in die Senkrechte gestellt, aufgesaugt und konzentriert werden.“ Ein Tornado ist die Folge.

Georg Pistotnik | Georg Pistotnik, Klimaforscher bei der Geosphere Austria
Georg Pistotnik
| Georg Pistotnik, Klimaforscher bei der Geosphere Austria © Geosphere/Lusser

Optimale Tornado-Bedingungen herrschen laut dem Experten gewöhnlich im rechten vorderen Bereich eines Hurrikans. Im Fall von „Milton“, der sich vom Golf von Mexiko Richtung Atlantik bewegte, ist das der Südostsektor, wo die Umstände diesmal besonders günstig waren.

Genaue Prognosen nur Minuten vorher möglich

Wann und wo ein Tornado entsteht, ist nur schwer vorherzusagen. „Die Bedingungen, die Tornados hervorbringen, lassen sich halbwegs gut prognostizieren“, sagt Georg Pistotnik. Ob es aber von einer erhöhten Gefahr zur tatsächlichen Bildung eines Tornados kommt, das lasse sich oft nur ein paar Minuten im Vorhinein sagen, „nicht nur in diesem Spezialfall, sondern auch bei anderen Tornado-Situationen.“ Warnungen vor Tornados kommen dementsprechend oft zu spät. Im Falle von Milton war der große Vorteil, dass die betroffenen Gebiete ohnehin bereits evakuiert worden waren.

Verschnaufpause nach Milton, doch weitere Hurrikans drohen

Wie geht es nach Helene und Milton nun weiter? Der amerikanische Wetterdienst ging schon zu Beginn der Hurrikan-Saison im Juni aufgrund von Langfristmodellen von überdurchschnittlich vielen und starken Wirbelstürmen aus. „Auch wenn diese Modelle noch experimentell sind und nicht immer zutreffen, gaben sie deutliche Hinweise, dass die Bedingungen für starke Hurrikans öfters als sonst erfüllt sein dürften“, so Pistotnik. Er rechnet mit ein, zwei weiteren Hurrikans in der Saison, die noch bis November dauert.

Ein kleiner Lichtblick: Dort wo „Helene“ und „Milton“ über das Meer gezogen sind, sinkt die Gefahr für weitere Stürme, „das Meer wurde da umgerührt, dadurch sinkt die Oberflächentemperatur, was das Risiko reduziert“, sagt Pistotnik. Aber auch dieser Effekt sei nach ein paar Wochen wieder dahin.