Ein mutmaßlich von Israel koordinierter Angriff mit explodierenden Telekommunikationsgeräten im Libanon hat mindestens acht Tote und 2750 Verletzte gefordert. Das gab der libanesische Gesundheitsminister Firas Abiad bei einer Pressekonferenz in der Hauptstadt Beirut bekannt. Die meisten Betroffenen hätten Verletzungen „im Gesicht, an der Hand, am Bauch oder sogar an den Augen“ erlitten, sagte Abiad. Israel äußerte sich vorerst nicht zu den Vorfällen.
Betroffen waren örtlichen Medien zufolge Viertel, in denen die Hisbollah besonders stark vertreten ist. Die Explosionen ereigneten demnach in den südlichen Vororten Beiruts, sowie im Süden des Landes. Ob es Tote gab, war zunächst nicht klar. Auch offizielle Zahlen zu den Opfern gab es zunächst nicht. Die Deutsche Presse-Agentur verwies auf Kreise ́ eines Krankenhauses in einem südlichen Vorort der Hauptstadt Beirut. Dort seien rund 300 Verletzte eingeliefert worden.
Panik in Beirut
Augenzeugen berichteten von Panik in den Straßen Beiruts. Zahlreiche Krankenwagen waren im Einsatz. Die Spitäler baten um Blutspenden. Das libanesische Gesundheitsministerium rief alle Krankenhäuser zu höchster Alarmbereitschaft auf und forderte die Menschen auf, keine Funkgeräte zu benutzen. Bei den explodierten Geräten soll es sich um tragbare Funkrufempfänger handeln, die auch als Pager bekannt sind. Das Ministerium rief zu Blutspenden auf.
Auch Irans Botschafter im Libanon, Mojtaba Amani soll Medienberichten zufolge bei der Explosion eines Pagers verletzt worden sein. Amani habe dem Sender selbst mitgeteilt, dass es ihm trotz der Verletzung gut gehe und „keinerlei Gefahr“ für ihn bestehe.
Zuvor hatte der libanesische Gesundheitsminister Firass Abiad von hunderten Verletzten im Libanon durch die nahezu zeitgleiche Explosion der Funkmeldeempfänger gesprochen. Nach Angaben aus dem Umfeld der gegen Israel kämpfenden pro-iranischen Hisbollah-Miliz richteten sich die Explosionen gegen Hisbollah-Mitglieder. Die Hisbollah ist der wichtigste nicht-staatliche Verbündete der Islamischen Republik Iran.
Tägliche Konfrontationen
Im Raum stand die Vermutung, dass Israel die Geräte als Angriff auf Hisbollah-Kämpfer womöglich gezielt zur Explosion gebracht haben könnte. Die israelische Armee kommentierte die Vorfälle im Libanon zunächst nicht.
Seit Beginn des Gaza-Kriegs vor fast einem Jahr kommt es im Grenzgebiet fast täglich zu Konfrontationen zwischen der libanesischen Hisbollah und dem israelischen Militär. Auf beiden Seiten gab es infolge des Beschusses Tote - die meisten von ihnen waren Mitglieder der Hisbollah. Erst am Dienstag wurden nach israelischen Angaben bei einem Angriff auf einen Ort im Südlibanon drei Hisbollah-Kämpfer getötet. Die proiranische Schiitenmiliz handelt nach eigenen Angaben aus Solidarität mit der islamistischen Hamas im Gazastreifen.
Ein Hisbollah-Vertreter, der anonym bleiben wollte, sprach vom „größten Sicherheitsdebakel“ in ihrem seit fast einem Jahr währenden Krieg mit Israel. Eine andere Quelle aus dem Hisbollah-Umfeld sagte, die Vorfälle seien die Folge eines Eindringens Israels in das Kommunikationssystem der Miliz. In einem Bericht der libanesischen Nachrichtenagentur ANI war von einem „beispiellosen feindlichen Sicherheitsvorfall“ die Rede. Drei Mitarbeiter aus Sicherheitskreisen sagen Reuters, bei den Pagern habe es sich um neueste Modelle gehandelt, die die Hisbollah in den vergangenen Monaten eingeführt habe. Pager sind früher verbreitete kleine Kommunikationsgeräte, mit denen kurze Botschaften empfangen werden können.
Die Hisbollah unterstützt die ebenfalls radikal-islamische Hamas im Gazastreifen. Seit Ausbruch des Gazakrieges beschießen sich fast jeden Tag israelisches Militär und Hisbollah-Kämpfer entlang der israelisch-libanesischen Grenze. Tausende Menschen haben deswegen das Grenzgebiet verlassen. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu hat angekündigt, ein neues Ziel des Krieges sei es, die Voraussetzungen für eine Rückkehr der Grenzbewohner zu schaffen.