In mehreren Ländern Mittel- und Osteuropas sind nach starken Regenfällen Flüsse über die Ufer getreten, die am Montag weitere Überschwemmungen verursachten. Die Zahl der Toten erhöhte sich im Osten auf mindestens zwölf und erreichte damit das höchste Niveau seit zwei Jahrzehnten. Dazu kamen drei Opfer in Österreich - ein im Einsatz verunglückter Feuerwehrmann sowie zwei Männer, die in ihren Häusern starben.
Riss in der Staumauer
In der Kleinstadt Paczkow im Südwesten Polens kündigte unterdessen der Bürgermeister nach dem Riss in der Staumauer eines Stausees die sofortige Evakuierung der tiefer gelegenen Ortsteile an. „Niemand kann garantieren, dass sich der Schaden nicht verschlimmert“, warnte er in einem Aufruf in sozialen Medien. Er rief alle Bewohner, die evakuiert werden müssen, auf, sich zu melden, und bat diejenigen, deren Häuser und Wohnungen noch nicht vom Wasser erreicht wurden, sich in sichere Gebiete der Stadt zu begeben. Nachdem ein Aufruf, die Gebäude freiwillig zu verlassen, nicht befolgt worden sei, habe er sich nun zur Zwangsevakuierung entschlossen, sagte Bürgermeister Artur Rolka im polnischen Fernsehen. Der betroffene Stausee wurde oberhalb von Paczkow an der Glatzer Neiße, einem Zufluss der Oder, errichtet.
Katastrophenzustand in Polen
Der Katastrophenzustand in Polen, wo es fünf der bestätigten Todesopfer gab, gilt für einen Zeitraum von 30 Tagen für Teile der Woiwodschaften Niederschlesien, Schlesien und Oppeln. Er gibt den Behörden mehr Befugnisse, Anordnungen zu erlassen, da die bürgerlichen Freiheiten und Rechte vorübergehend eingeschränkt werden. Beispielsweise können die Behörden leichter anordnen, dass bestimmte Orte, Gebiete oder Einrichtungen evakuiert werden müssen. Sie können auch verbieten, dass sich Bürger an bestimmten Orten aufhalten.
Anhaltende Regenfälle hatten im Südwesten Polens an der Grenze zu Tschechien zum Hochwasser geführt. In der niederschlesischen Kleinstadt Klodzko standen ganze Straßenzüge unter Wasser, hier gab es auch ein Todesopfer. Das Dorf Glucholazy in der Region Oppeln wurde von Wassermassen verwüstet. In der Kleinstadt Nysa in der Region Oppeln drang das Wasser auf der Glatzer Neiße in das örtliche Kreiskrankenhaus ein. Die Klinik wurde mittlerweile komplett evakuiert, wie der nationale Gesundheitsdienst NFZ mitteilte.
Dringend Hilfe benötigt
Der Bürgermeister von Klodzko, Michal Piszko, sagte, dass sich die Lage zwar entspanne, aber weiter Hilfe benötigt werde. „Wir brauchen dringend Trinkwasser und haltbare Lebensmittel, da wir eine Anlaufstelle für Flutopfer eingerichtet haben, die aus den betroffenen Gebieten evakuiert wurden“, sagte er dem Radiosender RMF FM. Die Kinder würden voraussichtlich bis Ende der Woche nicht in die Schule gehen und derzeit sei die Hälfte der Stadt ohne Strom. Die polnische Bildungsministerin Barbara Nowacka teilte mit, dass etwa 420 Schulen in vier Provinzen geschlossen wurden.
In Tschechien starb nach Angaben der Polizei vom Montag eine Person. Mehr als 12.000 Menschen mussten ihre Häuser verlassen. Die Stadt Litovel, etwa 230 Kilometer östlich der Hauptstadt Prag, wurde großteils unter Wasser gesetzt, nachdem der Fluss Morava über die Ufer getreten war. Schulen und Gesundheitseinrichtungen wurden geschlossen. Im Nordosten des Landes mussten zwei Chemiefabriken sowie eine Fabrik, die die Stadt Ostrava mit Wärme und Warmwasser versorgt, geschlossen werden.
In Rumänien, wo am Wochenende Dörfer und Städte überflutet wurden, kamen sechs Menschen ums Leben. Der Bürgermeister der Stadt Slobozia Conachi, Emil Dragomir, sagte zum Fernsehsender Digi24: „Wenn Sie hier wären, würden Sie sofort weinen. Die Menschen sind verzweifelt, ihr gesamtes Lebenswerk ist zerstört. Manche haben nur noch die Kleidung, die sie am Leib tragen.“