Zwei Monate nach dem Attentat auf den früheren US-Präsidenten Donald Trump haben Sicherheitskräfte allem Anschein nach einen weiteren versuchten Anschlag auf den Republikaner vereitelt. Die Bundespolizei FBI geht davon aus, dass ein mit einem Sturmgewehr bewaffneter Mann Trump beim Golfspielen in seinem Club in West Palm Beach im US-Staat Florida erschießen wollte. Trump blieb unverletzt, der Verdächtige wurde festgenommen.
Das FBI ermittelt nach eigenen Angaben wegen eines „versuchten Mordanschlags“ auf Trump. Nach Angaben von Sheriff Ric Bradshaw spielte der 78-Jährige am Sonntagnachmittag (Ortszeit) auf dem Platz nahe seinem Anwesen Mar-a-Lago Golf, als Personenschützer des Secret Service in wenigen hundert Metern Entfernung einen aus einem Zaun ragenden Gewehrlauf entdeckten. Nach Schüssen der Beamten flüchtete der Verdächtige zunächst in einem schwarzen Wagen. Mit Hilfe eines Zeugen konnten Polizeibeamte ihn kurze Zeit später aufspüren und den Verdächtigen festnehmen.
„Präsident Trump ist nach Schüssen in seiner Nähe in Sicherheit“, erklärte dessen Wahlkampfsprecher Steven Cheung. Der Präsidentschaftskandidat schrieb auf einer Website zum Spendensammeln: „Fürchtet euch nicht! Ich bin in Sicherheit und wohlauf, und niemand wurde verletzt. Gott sei Dank!“ Später dankte er auf seiner Plattform Truth Social unter anderem dem Secret Service und Sheriff Bradshaw für den „unglaublichen Job“, den sie gemacht hätten. Er fügte hinzu: „Es war gewiss ein interessanter Tag!“
Das Motiv des Mannes war unklar. Die Polizei gab an, dass für Anrainer keine Gefahr bestehe. Zu dem Verdächtigen machten die Behörden am Sonntag keine Angaben. US-Medien haben den Verdächtigen eigenen Angaben zufolge identifiziert. Es handle sich um den 58-jährigen Ryan R., der sich in der Vergangenheit in Onlinediensten kritisch gegenüber Trump geäußert habe, berichteten die Fernsehsender CNN und CBS. Sollte sich dies bestätigen, wäre der Verdächtige kein gänzlich Unbekannter: R. war nach der russischen Invasion der Ukraine im Februar 2022 nach Kiew gereist, um dort die Landesverteidigung zu unterstützen. CNN und CBS berichteten weiter, R. sei ein selbstständiger Bauunternehmer für bezahlbaren Wohnraum auf Hawaii, der in den vergangenen Jahrzehnten mehrmals festgenommen worden sei.
„Er hat nicht viele Emotionen gezeigt“
Am Zaun des Golfplatzes wurden ein Sturmgewehr mit Zielfernrohr sowie zwei Rucksäcke und eine GoPro-Videokamera sichergestellt. Der Verdächtige sei etwa 300 bis 500 Yards (274 bis 457 Meter) von Trump entfernt gewesen, aber „mit einem Gewehr und einem solchen Zielfernrohr ist das keine große Entfernung“, sagte Sheriff Bradshaw. Ob der Verdächtige vor seiner Flucht Schüsse abgab, blieb zunächst unklar. Sheriff William Snyder aus dem benachbarten Landkreis Martin County sagte dem Sender CNN, der Verdächtige habe bei seiner Festnahme „ziemlich ruhig“ gewirkt: „Er hat nicht viele Emotionen gezeigt.“
Erst im Juli hatte es einen schwerwiegenden Anschlag gegeben, als ein Schütze in Butler im US-Staat Pennsylvania während einer Wahlkampfveranstaltung das Feuer auf Trump eröffnete. Der Republikaner wurde am Ohr verletzt, ein Besucher kam ums Leben. Sicherheitskräfte töteten den Schützen, dessen Motiv bis heute nicht klar ist. Der Vorfall markierte eine Zäsur im Wahlkampf. Politikerinnen und Politiker verurteilten über Parteigrenzen hinweg politische Gewalt. Nach dem Attentat in Butler nahm die Chefin des Secret Service ihren Hut, die Sicherheitsvorkehrungen bei Trumps Wahlkampfveranstaltungen wurden verschärft.
In einer Erklärung des Weißen Hauses hieß es, Präsident Joe Biden und seine Stellvertreterin Kamala Harris seien über den Vorfall informiert worden und „erleichtert“, dass Trump in Sicherheit sei. „Gewalt hat keinen Platz in Amerika“, erklärte Harris, die bei der Präsidentschaftswahl im November gegen Trump antritt, im Onlinedienst X. „Ich habe mein Team angewiesen, weiter sicherzustellen, dass der Secret Service über alle erforderlichen Mittel, Fähigkeiten und Schutzmaßnahmen verfügt, um die Sicherheit des ehemaligen Präsidenten weiter zu gewährleisten“, erklärte Biden.
Politisch motivierte Gewalt in den USA
Politisch motivierte Aggression und Gewalt im Wahlkampf stellen das Land auf die Probe. Nach dem Attentat im Juli machte Trumps Vizekandidat J.D. Vance trotz des ungeklärten Motivs schnell US-Präsident Joe Biden für das Attentat verantwortlich. Trump nutzte die Attacke damals zum Einwerben von Spenden, sein Wahlkampfteam verkaufte T-Shirts mit einem ikonischen Foto des Vorfalls, auf dem Trump mit Blut am Gesicht die Faust in die Höhe reckt.
Die glühende Trump-Anhängerin Marjorie Taylor Greene schrieb auf der Plattform X: „Liebe Demokraten und eure Aktivisten in den Medien, gelten zwei versuchte Attentate auf Donald Trump schon als ‚Bedrohung der Demokratie?‘“ Die Demokraten warnen regelmäßig davor, dass Trump eine Bedrohung für die Demokratie darstelle. Die rechte Influencerin Laura Loomer, die zuletzt mehrfach an Trumps Seite aufgetreten war, schrieb auf X: „Die Medien versuchen, Präsident Trump und seine Unterstützer zu töten.“
Der Tech-Milliardär und Trump-Unterstützer Elon Musk reagierte mit einem provokanten Beitrag auf das mutmaßlich versuchte Attentat – und löschte den Post kurze Zeit später wieder. Auf seiner Online-Plattform X schrieb er: „Und es versucht noch nicht mal jemand, Biden/Kamala zu ermorden.“ Hinter die Worte setzte er ein Emoticon mit einem nachdenklichen Gesicht. Der Beitrag war am Vormittag nicht mehr abzurufen. Floridas republikanischer Gouverneur Ron DeSantis, der Trump im Wahlkampf unterstützt, kündigte eigene Ermittlungen des Bundesstaats an. Diese sollten „die Wahrheit“ über den Vorfall ans Licht bringen.
Gewalt gegen hochrangige Politiker hat es in den USA immer wieder gegeben – auch Präsidenten wurden mehrmals zur Zielscheibe. 1865 wurde US-Präsident Abraham Lincoln in der Loge eines Theaters in der Hauptstadt Washington erschossen, während er eine Komödie verfolgte. US-Präsident John F. Kennedy wurde bei einem Attentat am 22. November 1963 in Dallas im Staat Texas erschossen.