Der italienische Kulturminister Gennaro Sangiuliano ist am Freitag zurückgetreten. Der Minister aus den Reihen der rechtspopulistischen Regierungspartei „Fratelli d ́Italia“ (FdI - Brüder Italiens) zog die Konsequenzen eines ausgedehnten Skandals um eine Affäre mit einer Influencerin, der in Italien seit Tagen für Schlagzeilen sorgt. Sangiuliano kündigte seinen Rücktritt nach einem Gespräch mit Premierministerin Giorgia Meloni an.
Nachfolger ernannt
Meloni hat inzwischen bereits einen Nachfolger für Sangiuliano ernannt. Dabei handelt es sich um den Journalisten und Präsidenten des Museums für zeitgenössische Kunst MAXXI in Rom, Alessandro Giuli. Der 48-Jährige wird am Freitagabend von Staatspräsident Sergio Mattarella als neuer Minister vereidigt.
Die 42-jährige Influencerin Maria Rosaria Boccia behauptete, der Sangiuliano habe sie als Beraterin für das Kulturministerium für das von Italien organisierte Gipfeltreffen der G7-Kulturminister in Pompeji vom 19. bis zum 21. September ernannt. In dieser Rolle habe sie Zugang zu vertraulichen Dokumenten erhalten, behauptete sie.
Verdacht auf Erpressung
Der Skandal brach aus, als das Kulturministerium in Rom Boccias Nominierung dementierte. Die kaltgestellte Influencerin begann daraufhin umgehend ihren Rachefeldzug: So behauptete sie den Minister bei mehreren Reisen begleitet zu haben, die vom Kulturministerium bezahlt wurden. Dies wurde von Sangiuliano bestritten. Im Fernsehen gab er am Mittwoch jedoch eine Beziehung zu Boccia zu, die inzwischen zu Ende gegangen sei. In Tränen entschuldigte sich der Minister bei seiner Ehefrau.
Laut Boccia gebe es Personen, die Sangiuliano wegen Begünstigungen, die sie von ihm erhalten haben, erpressen. „Ich habe Gespräche mitangehört und Nachrichten von Leuten gelesen, die meiner Meinung nach den Minister erpresst haben“, behauptete Boccia in sozialen Netzwerken. Wegen dieser Aussagen droht ihr jetzt eine Klage wegen Verleumdung. „Der Minister plant rechtliche Schritte gegen diejenigen, die ihn als erpressbar bezeichnen“, sagte Boccias Anwalt Silverio Sica am Freitag.
Angekratztes Image
Der Streit um die Influencerin ist ein weiterer, schwerer Schlag für das Image Sangiulianos. So hatte er sich im April mit einer Aussage über den Seefahrer und Amerika-Entdecker Christoph Kolumbus blamiert. Bei einem Kulturevent im sizilianischen Taormina behauptete der Minister, dass „Kolumbus auf Grundlage der Theorien von Galileo Galilei die Erde umrunden wollte, um nach Indien zu gelangen“. Der Universalgelehrte wurde jedoch erst 1564 in Pisa geboren, während Kolumbus seine erste Amerika-Reise bereits im August 1492 begann.
Bei einer Vorstellung eines neuen Archäologiepfades im Zentrum von Rom passierte ihm ebenfalls im April ein Fauxpas. Er behauptete, der Times Square befinde sich in London - und nicht in New York. In einer Erklärung führte er später den Fehler auf die Emotionen des Augenblicks zurück. Zugleich brachte der Politiker seine Absicht zum Ausdruck, in Zukunft vorsichtiger mit seinen Aussagen zu sein.
Mögliche Regierungsumbildung
Nach Sangiulianos Rücktritt könnte es zu einer Regierungsumbildung in dem seit fast zwei Jahren amtierenden Kabinett Meloni kommen. Europaminister Raffaele Fitto wird als EU-Kommissar nach Brüssel ziehen, sein Ressort muss daher nachbesetzt werden. Meloni könnte auch Tourismusministerin Daniela Santanche ersetzen. Gegen die Ministerin aus den Reihen der Meloni-Partei wird in Zusammenhang mit dem betrügerischen Bankrott einer Verlagsgruppe ermittelt, die Santanche vor ihrer Zeit als Ministerin geführt hatte.