Blau-weiß gestreifte Polohemden am Körper, ein langes Ruder in der Hand und ein „O sole mio“ auf den Lippen – so kennt man die berühmten Gondoliere in den Kanälen der italienischen Hafenstadt Venedig.

Seit rund 900 Jahren gibt es den Beruf bereits. Traditionell wird er vom Vater auf den Sohn vererbt, doch nun tut sich eine Chance für all jene auf, die in der Geburtslotterie - zumindest in dieser Hinsicht - nicht gewonnen haben. Denn die Stadtregierung von Venedig sucht nach neuen Gondoliere. Noch bis einschließlich Dienstag können sich Personen, die sich künftig am Steuer einer Gondel sehen, online für den Kurs „Kunst des Gondolierens“ (Bando Arte del Gondoliere) einschreiben.

Laut dem britischen „Mirror“ winkt geschäftstüchtigen Paddlern ein stattliches Jahresgehalt von bis zu 150.000 Euro. Dafür müssen die Interessenten aber einiges leisten, denn die Anforderungen sind sehr strikt. Grundvoraussetzung ist ein Alter von mindestens 18 Jahren, eine abgeschlossene höhere Schulausbildung, Schwimmkenntnisse und ein ärztliches Attest, dass man sich in einem „gesunden und robusten Zustand“ befindet. Zusätzlich muss man sich einem Rudereignungstest stellen, bei dem eine Vorauswahl getroffen wird. Einschließlich aller Gebühren kostet die Ausbildung etwas mehr als 1000 Euro.

Das sechsmonatige Trainingsprogramm für den Erwerb einer Lizenz beim Gondoliere-Verband klingt herausfordernd. Geschick und Lernfähigkeit in verschiedenen Disziplinen ist gefragt. Um eine Gondel richtig und präzise steuern zu können, sind circa 400 Übungsstunden anberaumt. Zudem gilt es sich Wissen in Venedigs Geschichte anzueignen, Italienisch zu büffeln - falls man der Sprache noch nicht mächtig ist - sowie lebensrettende Maßnahmen zu verinnerlichen. Die Wartung des eigenen Bootes - einer etwa elf Meter langen Gondel - gehört ebenfalls zu den Aufgaben eines Gondoliere.

Gondelfahrt in Venedig um 80 Euro oder mehr

Obwohl Venedig seit Jahren von Touristenmassen förmlich überrannt wird - 30 Millionen Besucherinnen und Besucher sollen es jährlich sein - und daher eine Eintrittsgebühr eingeführt hat, sinkt die Zahl der Gondoliere immer weiter. Waren es im 16. Jahrhundert noch um die 10.000, sind es nach jetzigem Stand nur noch 433.

Eine halbstündige Gondelfahrt kostet laut der Seite „Civitas Venice“ vor 19 Uhr am Abend 80 Euro, danach 100 Euro. Manche Gondoliere verlangen allerdings mehr als die offiziell angegebenen Preise. Außerdem müssen Fahrgäste mehr bezahlen, wenn sie möchten, dass der Gondoliere ein Instrument spielt oder ein Liedchen während der Fahrt trällert.

Reportage aus Venedig: Eintritt für alle Touristen