Die Suche nach der letzten vermissten Person nach dem Untergang des Segelschiffs „Bayesian“ in den Gewässern vor Palermo ist am Freitag fortgesetzt worden. Taucher drangen in den Schiffsrumpf ein, um nach Hannah Lynch zu suchen, der 18-jährigen Tochter des britischen Tycoons Michael Lynch. Insgesamt kamen bei dem Unglück am Montag sieben Menschen ums Leben, 15 Personen konnten sich retten.

Bei den Todesopfern handelt es sich neben Lynch um den hochrangigen Manager der Investmentbank Morgan Stanley International, Jonathan Bloomer, dessen Frau Anne Elizabeth, um den Anwalt Chris Morvillo und seine Frau Nada. Bereits am Montag war die Leiche des Bordkochs gefunden worden.

Sechs Leichen darunter Lynch bisher geborgen

Bisher wurden sechs Leichen aus dem Rumpf des Segelschiffs geborgen. Fünf Todesopfer wurden außerhalb der Kabinen gefunden, in einem Bereich, der kurz vor dem Untergang überflutet worden war. Sie dürften versucht haben, sich zu retten.

An der Suchaktion beteiligten sich Taucher, die bereits Opfer aus dem 2012 vor der italienischen Insel Giglio gesunkenen Kreuzfahrtschiff Costa Concordia geborgen hatten. Insgesamt 27 waren bei der Suchaktion im Einsatz. Die „Bayesian“ liegt auf der Seite in 50 Metern Tiefe, was die Suchaktion erschwert hatte. Zahlreiche Hindernisse versperrten den Tauchern den Weg und die engen Räume behinderten sie.

Mike Lynch starb an Bord seiner Jacht, auf der er seinen Freispruch feiern wollte
Mike Lynch starb an Bord seiner Jacht, auf der er seinen Freispruch feiern wollte © Von Royal Society uploader - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=34582124

Laut der britischen Tageszeitung „Daily Telegraph“, die sich auf Quellen aus der Nautikbranche beruft, hat Michael Lynch die „Bayesian“ im März dieses Jahres zum Verkauf angeboten. Zwei Monate später hatte er aber seine Meinung geändert, als er im Juni in den USA in einem Strafprozess freigesprochen worden war, in dem er des Betrugs im Zusammenhang mit der Übernahme seines multinationalen Computerunternehmens Autonomy durch den amerikanischen Riesen HP angeklagt war. Der Tycoon beschloss daraufhin, den Sommer mit seiner Familie und seinen Freunden auf der Jacht zu verbringen und den Freispruch zu feiern.

Unterdessen wollen die in dem Fall ermittelnden Staatsanwälte die Blackbox der „Bayesian“ untersuchen. Damit erhoffen sie sich Informationen über die Ursachen des Schiffbruchs, der sich am Montag im Morgengrauen nach einem starken Wirbelsturm ereignete. Die Hypothese einer Reihe menschlicher Fehler, die das Unglück auslöste, erscheint immer wahrscheinlicher.
Die Untersuchung wird vom sizilianischen Staatsanwalt Ambrogio Cartosio geleitet, der von Anfang an strikte Geheimhaltung über die Ermittlungen gewahrt und erst für Samstag eine Pressekonferenz angekündigt hat.

Lynchs Tochter Hannah wurde gefunden

Bei den fünf Todesopfern handelt es sich laut der italienischen Küstenwache um den hochrangigen Manager der Investmentbank Morgan Stanley International, Jonathan Bloomer, dessen Frau Anne Elizabeth, um den Anwalt Chris Morvillo und seine Frau Nada. Die Leiche von Lynchs 18-jähriger Tochter Hannah wurde gefunden, aber noch nicht geborgen.

Domenico Cipolla, Arzt im Krankenhaus von Palermo, in dem einige der Überlebenden behandelt werden, sagte gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, dass diese „sehr müde“ seien und ständig nach den vermissten Personen fragen würden: „Sie sprechen und weinen die ganze Zeit, weil sie erkannt haben, dass es wenig Hoffnung gibt, ihre Freunde lebend zu finden.“

An der Suchaktion nach Lynch beteiligen sich Taucher, die bereits Leichen aus dem 2012 vor der italienischen Insel Giglio gesunkenen Kreuzfahrtschiff Costa Concordia geborgen hatten. Insgesamt 27 Taucher sind bei der Suchaktion im Einsatz. Die Bayesian liegt auf der Seite in 50 Metern Tiefe, was die Suchaktion erschwert hatte. Zahlreiche Hindernisse versperrten ihnen den Weg und die engen Räume behinderten sie.

Tauchroboter hilft bei der Suche

Bei der Suche nach den Vermissten erhielten die Taucher am Mittwoch technische Unterstützung. So wurde ein ferngesteuerter Tauchroboter eingesetzt, der Objekte und Strukturen näher untersuchen kann. Mit einer möglichen Tauchtiefe von bis zu 200 Metern erreicht das Gerät das Wrack problemlos, teilte die Küstenwache von Palermo in einer Presseaussendung mit. Der Tauchroboter lieferte dank Videokameras Bilder, die bei der Suchaktion nützlich sein können.

Bei dem Unglück vor der Küste Siziliens konnten Montagfrüh 15 Menschen gerettet werden, acht von ihnen wurden in Krankenhäuser eingeliefert. Unter ihnen war auch eine britische Familie mit einer kleinen Tochter, die sich retten konnte. Das 50 Meter lange Schiff mit 22 Menschen an Bord war gegen fünf Uhr vor Porticello nahe Palermo nach einem heftigen Sturm untergegangen. Vermutet wird, dass die Jacht von einer Monsterwelle erfasst wurde und nicht stabil genug im Wasser lag – auch wegen des hohen Masts, der zweithöchste Segelmast weltweit. Angeblich sank sie innerhalb von 60 Sekunden. Spekuliert wird auch über eine offen gelassene Luke oder ein falsch eingestelltes Schwert am Rumpf, mit dem der Tiefgang des Schiffes reguliert werden kann.

25 Jahre Gefängnis drohten

Der Milliardär Mike Lynch war schon vor Jahren mit dem Verkauf seiner Firma „Autonomy“ an Hewlett Packard (HP) in die Schlagzeilen geraten. Lynch verkaufte 2011 das Software-Unternehmen für elf Milliarden US-Dollar. Medien feierten ihn als den „britischen Bill Gates“. Für die Amerikaner entpuppte sich der Deal jedoch als Mega-Debakel. Der Computerriese schrieb Milliarden ab. Lynch und einem Finanzmanager wurde vorgeworfen, die Umsatzzahlen vor dem Verkauf geschönt zu haben. Der 59-Jährige wurde schließlich in die USA ausgeliefert, ihm drohten bis zu 25 Jahre Gefängnis.

Erst vor wenigen Wochen dann die überraschende Wende: Lynch wurde im Betrugsprozess freigesprochen. Der Freispruch folgte auf eine Niederlage im Zivilprozess in Großbritannien und eine damit verbundene Vier-Milliarden-Dollar-Forderung, der Nachfolgefirmen des früheren Hewlett-Packard-Konzerns. Jahrelang behauptet Lynch, als Sündenbock für eine misslungene Übernahme verantwortlich gemacht worden zu sein. Jetzt galt der Brite als „rehabilitiert“.

An Bord der „Bayesian“, die unter britischer Flagge unterwegs war, befanden sich hauptsächlich Briten, ein Neuseeländer, ein Mann aus Sri Lanka, zwei Anglo-Franzosen und ein Ire. Feuerwehrtaucher retteten einen einjährigen Buben, der in das Kinderkrankenhaus von Palermo gebracht wurde, sowie ein kleines Mädchen. Die Überlebenden wurden medizinisch versorgt.