Die Suche nach sechs Personen nach dem Bootsunglück vor der Küste Palermos geht weiter. Von der Luxusjacht „Bayesian“ vermisst werden noch der britische Technologie-Unternehmer Mike Lynch und seine 18-jährige Tochter Hannah. Zu den Vermissten zählen auch der Präsident von Morgan Stanley International, Jonathan Bloomer, sowie der CEO von Lynchs Gesellschaft, Chris Morvillo, und seine Frau Nada, berichtete die Mailänder Tageszeitung „Corriere della sera“.

Überlebende berichten von dramatischen Szenen

An Bord der Luxusjacht „Bayesian“, die unter britischer Flagge unterwegs war, befanden sich hauptsächlich Briten, ein Neuseeländer, ein Mann aus Sri Lanka, zwei Anglo-Franzosen und ein Ire. Vor der Küste Siziliens konnten Montagfrüh 15 Menschen gerettet werden, acht von ihnen wurden in Krankenhäuser eingeliefert. Unter ihnen war auch eine britische Familie mit einer kleinen Tochter, die sich retten konnte. Sie wurden im Krankenhaus von Palermo behandelt. Überlebende berichten von dramatischen Szenen. „Im Wasser konnte ich meine Augen nicht offen halten. Ich rief um Hilfe, aber ich hörte nur die Schreie der anderen“, erzählte eine Neuseeländerin namens Charlotte. Sie arbeitet für eine Kanzlei, die Lynch im Prozess vertreten hatte. Mit ihr an Bord war ihre einjährige Tochter: „Ich hielt sie mit all meiner Kraft über Wasser, streckte meine Arme nach oben, damit sie nicht ertrank.“

Das 50 Meter lange Schiff mit 22 Menschen an Bord ging gegen 5.00 Uhr vor Porticello nahe Palermo unter. Die 15 Menschen wurden von Patrouillenbooten der Küstenwache und der Feuerwehr gerettet, wie die Behörden mitteilten. Mittlerweile wurde eine Leiche gefunden, es soll sich um den Bordkoch handeln.

Tech-Unternehmer wollte Prozesserfolg feiern

Einer der Vermissten, der britische Technologie-Unternehmer Mike Lynch, war im Juni in den USA von Betrugsvorwürfen um den Verkauf seiner Software-Firma Autonomy freigesprochen worden. Ihm war unter anderem vorgeworfen worden, den Umsatz seines Unternehmens falsch angegeben zu haben. Die „Sunday Times“ schätzte das Vermögen des ehemaligen Beraters der britischen Regierung auf rund 587 Millionen Euro.

Lynch wollte offenbar seinen Prozesserfolg auf der Jacht feiern. Er lud Freunde und Unterstützer auf die „Bayesian“ ein. Bei den Vermissten handelt es sich laut BBC um einen Finanz-Manager, der für Lynch aussagte, und einen Anwalt sowie deren Partnerinnen. Der Chef des Spezialversicherers Hiscox bestätigte, dass der Aufsichtsratsvorsitzende Jonathan Bloomer und dessen Frau vermisst würden.

Das gewaltige Schiff lag in der Nacht zum Montag eine halbe Seemeile vor dem Hafen von Porticello vor Anker. Am frühen Morgen wurde die Nordküste Siziliens von einem schweren Unwetter mit starkem Wind heimgesucht. Ein sogenannter Wassertornado erfasste das Schiff. Bei diesem Wetterphänomen entstehen starke Bodenwirbel. Als dieser das Schiff erfasste, brach der 75 Meter hohe Mast.

Es ist unklar, wieso das Schiff bei den schwierigen Wetterverhältnissen eine halbe Seemeile vor der Küste vor Anker lag. „Wir haben es nicht kommen sehen“, zitierte die Zeitung „La Repubblica“ den Kapitän der „Bayesian“. Er wird ebenfalls in einem Krankenhaus behandelt.

Die Suche nach den Vermissten gestaltete sich schwierig. Die Taucherteams der Feuerwehr bestehen aus zwei spezialisierten Höhlentauchern, die sich ständig mit einem weiteren Team abwechseln. Am Mittwoch ist es den Feuerwehrtauchern gelungen, durch ein Glasfenster in den Schiffsrumpf der Luxusjacht „Bayesian“ zu gelangen. Um die drei Zentimeter dicke Scheibe von außen zu öffnen, war Werkzeug nötig, das extra angefertigt wurde. In die Kabinen, wo sich die Leichen der sechs Vermissten befinden dürften, kamen sie noch nicht, da einige Zugänge versperrt sind.

Positives Ergebnis bei Suche sei „schwer vorstellbar“

Angesichts der Zeit, die seit dem Untergang der Yacht verstrichen ist, ist ein positives Ergebnis laut der italienischen Küstenwache leider nur mehr „schwer vorstellbar“.

Fregattenkapitän Vincenzo Zagarola sagte dem italienischen Radiosender RTL 102.5: „Angesichts der verstrichenen Zeit und der Umstände des Ereignisses ist es natürlich schwer vorstellbar, dass die Dinge gut ausgehen, aber wir geben nicht auf und sind mit Marine- und Luftressourcen damit beschäftigt, [nach ihnen zu suchen].“

(Artikel wurde am 21.8. um 9.20 Uhr aktualisiert)