Das unter russischer Kontrolle stehende ukrainische Atomkraftwerk Saporischschja ist bei einem Brand schwer beschädigt worden und muss repariert werden. Der Chef des russischen Atomkonzerns Rosatom, Alexej Lichatschew, erklärte, das Feuer habe sehr schwere Schäden an einem Kühlturm verursacht, berichtete die russische Nachrichtenagentur Interfax am Montag. Erhöhte radioaktive Strahlung wurde nach übereinstimmenden russischen und ukrainischen Angaben nicht registriert.
Selenskyj wirft Russland Brandstiftung vor
Nach Lichatschews Angaben ist es unklar, ob der Schaden repariert werden kann oder ob einer der Türme ersetzt werden muss. Er warf der Ukraine vor, den Brand mit zwei Drohnenangriffen am Sonntagabend ausgelöst zu haben. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj beschuldigte dagegen Russland, das Feuer gelegt zu haben. Der staatliche ukrainische Energieversorger Energoatom erklärte, das Feuer sei wohl durch Fahrlässigkeit oder Brandstiftung entstanden. Er bestätigte, einer der Kühltürme und Gerätschaften seien beschädigt worden.
Das Feuer konnte in der Nacht nach drei Stunden vollständig gelöscht werden, wie ein von Russland eingesetzter Beamter bei Telegram mitteilte. Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA), die Experten im Atomkraftwerk stationiert hat, erklärte, es seien „keine Auswirkungen für die atomare Sicherheit gemeldet“ worden. Um die Ursache und die Auswirkungen des Brandes festzustellen, habe die in Wien ansässige IAEA sofortigen Zugang zu dem Kühlturm angefordert.
IAEA-Chef Rafael Grossi forderte ein Ende von Angriffen auf Atomkraftwerke. „Diese rücksichtslosen Attacken gefährden die atomare Sicherheit des Kraftwerks und erhöhen das Risiko eines Atomunfalls. Sie müssen sofort aufhören“, so Grossi in der Nacht auf Montag in einem Statement.
Russland beschuldigt die Ukraine
Die ukrainische Atombehörde Energoatom warf der russischen Besatzungsmacht vor, das Atomkraftwerk als Waffendepot zu nutzen und dadurch die Bevölkerung zu gefährden: „Die Russen nutzen das Gelände und die Gebäude des AKW als Militärdepots, in denen sie Ausrüstung, Waffen, Sprengstoff und Munition deponiert haben. Sie stellen Militärfahrzeuge in den Lagerhallen des Kraftwerks ab. Auch die Kühltürme werden als Lager und Versteck für militärische Ausrüstung und Munition genutzt, was die Gefahr von Bränden (...) erheblich erhöht“, so Energoatom im Kurznachrichtendienst Telegram.
Russland hat das größte Kernkraftwerk Europas kurz nach Beginn seines Angriffskriegs erobert und hält es seither besetzt. Beide Seiten machen sich gegenseitig für Angriffe auf das Kraftwerk oder Sabotage daran verantwortlich. Russland hat zuletzt immer wieder ukrainische Drohnenattacken beklagt. Wegen der Sicherheitsbedenken wurden die Reaktoren bereits 2022 heruntergefahren, müssen aber weiter gekühlt werden.
Evakuierungen in Belgorod
Die Evakuierung von Teilen der russischen Region Belgorod an der Grenze zur Ukraine sei angeordnet worden. Dies teilte Gouverneur Wjatscheslaw Gladkow am Montag mit. Grund seien Aktivitäten ukrainischer Streitkräfte in dem Gebiet. Die Region Belgorod grenzt an die Region Kursk, in die ukrainische Kräfte seit mehreren Tagen vorgestoßen sind.