Die Wassertemperaturen rund um das Great Barrier Reef in Australien haben einen neuen Höchstwert erreicht: Nie in den vergangenen 400 Jahren war es einem australischen Forschungsteam zufolge dort so warm wie in diesem Jahr. Die Erwärmung könne auf menschliche Einflüsse zurückgeführt werden, schreibt das Team im Fachblatt „Nature“.
Die Forschenden um Benjamin Henley von der University of Melbourne in Australien haben die Temperaturen der Meeresoberfläche von 1618 bis 1995 anhand von Korallenskeletten aus dem Riff rekonstruiert und diese mit den aufgezeichneten Temperaturdaten der Meeresoberfläche von 1900 bis 2024 abgeglichen.
Steter Anstieg seit 1960
Vor dem Jahr 1900 sind die Wassertemperaturen demnach relativ stabil gewesen. Die Studie zeigt, dass von 1960 bis 2024 ein steter Anstieg zu verzeichnen war: Im Zeitraum Jänner bis März wurde eine durchschnittliche Erwärmung von 0,12 Grad pro Jahrzehnt gemessen.
Dennoch gibt es, wie die Autorinnen und Autoren anmerken, auch Unsicherheiten bei den rekonstruierten Temperaturdaten aus der Zeit vor 1900. Einige der chemischen Anteile in den Korallen, die zur Modellierung der Temperaturen verwendet wurden, wurden möglicherweise von anderen Variablen wie etwa dem Salzgehalt beeinflusst. Mit zusätzlichen Probenahmen von Korallenbohrkernen aus der Region könnten diese Unsicherheiten jedoch verringert werden.
Erste Massenkorallenbleiche 1980
Mit dem Anstieg der Wassertemperaturen durch die globale Erderwärmung steigt auch das Risiko von Massenbleichen und Korallensterben in Australiens Naturwunder. Eine Massenkorallenbleiche wurde erstmals 1980 beobachtet; in den vergangenen Jahren haben sie an Häufigkeit zugenommen.
Im März dieses Jahres wurde am Great Barrier Reef, das ein vielfältiges ökologisches Netzwerk beherbergt, das fünfte Massenbleiche-Ereignis innerhalb von acht Jahren bestätigt. Die Forscher zeigen, dass es in den Jahren der letzten Massenbleichen (2016, 2017, 2020, 2022 und 2024) im Durchschnitt der Monate Jänner bis März deutlich wärmer war als in jedem Jahr der Rekonstruktion vor 1900.
„Ohne schnelle, koordinierte und ambitionierte globale Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels werden wir wahrscheinlich Zeuge des Untergangs eines der großen Naturwunder der Erde sein“, schreibt das Team. Die Wissenschafterinnen und Wissenschafter weisen darauf hin, dass wahrscheinlich 70 bis 90 Prozent der Korallen weltweit verloren gehen - selbst wenn die globale Erwärmung unter dem Ziel des Pariser Abkommens von 1,5 Grad Celsius gehalten wird. Zudem würden zukünftige Korallenriffe wahrscheinlich eine andere Gemeinschaftsstruktur mit einer geringeren Vielfalt an Korallenarten aufweisen.