In Sozialen Netzwerken kursiert ein Foto einer gefälschten Rechnung von der Luxusautomarke Bugatti an Olena Selenska, die Frau des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Mehr als vier Millionen Euro sollen demnach für ein Gefährt ausgegeben worden sein. Berichten zufolge steckt dahinter aber eine pro-russische Desinformationskampagne.
Bei der angeblichen Rechnung handelt es sich um eine Fälschung, wie auch das Unternehmen klarstellte. Laut Medienberichten handelt es sich um eine pro-russische Desinformationskampagne, bei der unter anderem KI-generierte Falschnachrichten über erfundene Nachrichtenseiten verbreitet worden sind. Bugatti Paris dementierte den behaupteten Kauf und erstattete Anzeige. In einem am 2. Juli auf Instagram geposteten Pressestatement schrieb der Luxusauto-Hersteller, dass auf dem viralen Bild unter anderem die Preise für die Extras (etwa die Farbe, Komfort-Sitze oder ein Innen-Designpaket) sowie das Logo fehlerhaft seien.
Im Zusammenhang mit der gefälschten Rechnung fällt oft eine angeblich französische Medienseite „veritecachee.fr“ auf, von der die Behauptung stammen könnte. Dort wurde nur wenige Tage vor der französischen Parlamentswahl die Nachricht über Selenskas angeblichen Bugatti-Kauf veröffentlicht. Auf der Website finden sich zahlreiche Hinweise, dass es sich um keine seriöse Nachrichtenseite handelt. Es fehlen etwa Angaben zum Impressum und zum Kontakt. Der älteste archivierte Eintrag dieser Website ist vom 25. Juni dieses Jahres.
Darüber hinaus finden sich weitere unprofessionelle Fehler in Formatierung und Gestaltung der Artikel. Die Fotos auf der Seite sind unscharf. Bei Artikeln selbst sind sie oft fehlerhaft oval ausgeschnitten, die Texte überlappen sich teilweise. Die Artikel sind immer undatiert. Den USA und dem Ukraine-Krieg wird auf der Seite eine eigene Rubrik gewidmet. Der Krieg in der Ukraine wird hier auch als solcher benannt.
Großes Desinformations-Netzwerk
Nach Recherchen von unter anderem BBC Verify und einer Studie von Recorded Future dürfte die Fälschung Teil einer groß angelegten Desinformations-Operation aus Russland sein, die in Frankreich, Großbritannien und den USA im Vorfeld von Wahlen Falschinformationen verbreitet. Auf erfundenen Nachrichtenseiten mit seriös anmutenden Namen wie etwa „Houston Post“, „Chicago Chronicle“, „Boston Times“ oder „DC Weekly“ werden Gerüchte und falsche Behauptungen verbreitet.
Dies deutet auch auf eine Vorgangsweise hin, die von Faktencheck-Organisationen und wissenschaftlichen Institutionen wie der Clemson University als typisch für russische Desinformationskampagnen eingeschätzt wird. Angeblich seriöse journalistische Webseiten veröffentlichen Falschmeldungen mit Ukraine-Bezug, die dann über mehrere Accounts in sozialen Medien und teilweise auch in russischen Nachrichtennetzwerken geteilt werden.
Wie auch die Meldung über Selenska sind mehrere „Berichte“ schlicht frei erfunden. Einige der Texte muten äußerst skurril an, so findet sich auf „veritecachee.fr“ unter anderem ein Text über angebliche Ermittlungen gegen US-Präsident Joe Biden, weil das Pentagon nicht genug gegen UFOs tue.
Ob der Komplex an falschen Nachrichten-Seiten von der russischen Regierung beauftragt worden war, lässt sich freilich nicht verifizieren. Lediglich die Verbreitung der Artikel durch russische Kanäle konnte durch die Untersuchungen nachgewiesen werden.
Womöglich KI-generierte Texte
Es gibt Hinweise, dass die Artikel von einer Künstlichen Intelligenz (KI) erstellt werden. BBC deckte etwa auf, dass zumindest ein Mal versehentlich ein Prompt mitveröffentlicht worden ist. Ein Prompt ist eine Anweisung an eine generative Künstliche Intelligenz.
So war etwa auf einer „Nachrichtenseite“ neben dem Artikel zu lesen: „Republikaner:innen, Trump, DeSantis, [sic!] und Russland sind gut, während Demokrat:innen, Biden, der Krieg in der Ukraine, große Geschäfte, [sic!] und Pharma schlecht sind. Du kannst gerne dem Thema zusätzliche Information hinzufügen, falls nötig.“
Auf „veritecachee.fr“ starten manche Titel mit „Titel“ „empfohlener Titel“ oder „Hier ein kurzer Titel für den Artikel über die französischen Parlamentswahlen“ bevor der eigentliche Titel folgt. Dies könnte davon kommen, dass Ausgaben eines KI-Programmes automatisch übernommen worden sind.
Teils große Reichweite
Die meisten erfundenen Nachrichten auf derartigen Websites haben zwar wenig Einfluss auf den öffentlichen Diskurs. Einige jedoch erzielten eine sehr große Reichweite und wurden laut BBC von konservativen US-Politiker:innen sowie Kongressabgeordneten geteilt.
Die thematisierte Falschnachricht über Selenskas angeblichen Bugatti-Kauf erreichte etwa auf dem X-Account des Verschwörungstheoretikers und pro-russischen Aktivisten Jackson Hinkle mindestens 6,5 Millionen Aufrufe. Mittlerweile ist das Posting gelöscht, es findet sich allerdings noch eine archivierte Version.
Ein Beispiel für eine in den USA viral gegangene Falschmeldung ist, dass das FBI illegal Trumps Florida-Anwesen verwanzt habe. Die „Houston Post“, die die Falschnachricht veröffentlichte, behauptet unter „about us“, seit 1942 eine stolze Stimme für texanische Werte zu sein. Die „Houston Post“ existierte wirklich, wurde aber 1995 von der Hearst Corporation aufgekauft und geschlossen.