Schauspieler Leonardo DiCaprio (49) gehört nicht nur zu den bekanntesten Hollywoodstars, sondern auch zu den international prominentesten Umweltschützern. Doch ausgerechnet der „Titanic“-Star ist indirekt schuld daran, dass von Anfang August bis Ende September mal wieder einer der schönsten Strände der Welt aufgrund der hohen Umweltbelastung geschlossen werden muss – die Maya Bay auf der thailändischen Trauminsel Ko Phi Phi Leh.
Natürlich war es nicht DiCaprios Absicht. Doch mit seinem Aussteiger-Drama „The Beach“, das 2000 in den Kinos anlief, löste er über Nacht einen globalen Besucher-Hype aus, dem die unbewohnte Tropeninsel bei Phuket nicht lange standhielt.
Wie im Hollywood-Blockbuster gleicht die malerische Bucht tatsächlich einem versteckten Garten Eden: puderweißer Sand, türkis leuchtendes Wasser. Der Urwald reicht bis an den Strand, der von imposanten Kalksteinfelsen umrahmt wird. Die Traumbucht ist vom Meer aus nur schwer zu sehen. Der perfekte Drehort für Regisseur Danny Boyle, in dessen Film eine Gruppe von Hippie-Aussteigern um Leonardo DiCaprio in einem von der Zivilisation abgeschiedenen Strandparadies lebt.
Von Urlaubermassen überrannt
Doch seit dem Filmerfolg wird die Maya Bay von Urlaubermassen überrannt und gehört für fast alle Thailand-Reisenden auf die To-do-Liste. Bis zu 6000 Touristen wurden täglich mit Speedbooten von der bewohnten Nachbarinsel Phi Phi Don und sogar von Phuket in die abgelegene Bucht gebracht. Ein Selfie am seit Jahren als „DiCaprio-Beach“ bekannten Traumstrand gehört im Süden Thailands auf die „Bucket List“.
Mit diesem Film wurde „The Beach“ populär:
Die Folgen waren verheerend: Die Anker der unzähligen Ausflugsboote und die badenden Urlaubermassen zerstörten das Riff und die Korallen. Die Schwarzspitzenhaie, die in der flachen Bucht ihre Jungtiere aufzogen, verschwanden wie auch die Meeresschildkröten. Am Strand stapelte sich der Müll, während der Sand immer weniger wurde. Praktisch alle nahmen Originalsand von „The Beach“ in leeren Wasserflaschen mit.
Meeresbiologen machten Druck
Auf Drängen bekannter Meeresbiologen zogen die Behörden im Juni 2018 schließlich die Reißleine, schlossen die Maya Bucht für Besucher. Danach brach die Corona-Pandemie aus. So wurde die Bucht erst im Jänner 2022 wieder für Urlauber geöffnet – allerdings unter strengen Auflagen: Schwimmen und Schnorcheln sind strikt verboten. Besucher dürfen nur noch bis zu den Knien ins Wasser. Am Strand patrouillieren Ranger. Immer wieder pfeifen sie Urlauber aus dem Wasser, die sich weiter als erlaubt hineinbegeben, um keine anderen Touristen auf dem Selfie zu haben. Wer Müll liegen lässt, Sand oder Muscheln mitnimmt, dem drohen hohe Geldstrafen. Fische füttern ist verboten. Das Mitbringen von Einwegverpackungen ebenfalls.
Boote dürfen nicht mehr in der Bucht anlegen. Die Touristen werden nun auf der anderen Seite der Insel an einem schwimmenden Pier abgeladen, wo sie ein Eintrittsgeld bezahlen und über einen Holzsteg einige Hundert Meter zur Maya Bay durch den Urwald wandern müssen. Und jedes Jahr zur Regenzeit zwischen August und Ende September bleibt die Bucht komplett geschlossen, damit sich die Natur wieder erholen kann.
Das ist leider notwendig, denn trotz aller neuen Benimmregeln ist die Belastung für die Umwelt noch immer hoch. Der Grund: „Die Besucher kommen ohne Anmeldung von verschiedensten Nachbarinseln. Es wurde kein Kontrollsystem entwickelt, um die täglichen Touristenzahlen wirklich einzugrenzen“, bedauert Peera Boonsang, Direktor des SAii Phi Phi Village Resorts auf der Hauptinsel Ko Phi Phi Don.
4000 Personen pro Tag
Nach der Wiedereröffnung der Maya Bay vor zwei Jahren sollten pro Tag zunächst nicht mehr als 375 Besucher erlaubt sein. Danach hieß es pro Stunde. Schließlich wurde die „Beschränkung“ auf 4000 Personen pro Tag angesetzt – vielleicht sind die rund 15 Millionen Euro aus den jährlichen Besuchertickets doch wichtiger als die Korallen und Haipopulationen.
Thailand lebt vom Tourismus. Auch die Phi Phi Inseln in der Andamanensee. „Wir brauchen aber einen nachhaltigen Tourismus“, meint Boonsang. Nicht nur aus ethischen Gründen. Es geht auch ums Geschäft. Denn die paradiesische Natur ist einer der Hauptgründe, warum die Touristen die Inseln besuchen.
Wie das SAii Resort setzen sich deshalb auch immer mehr Hotelanlagen der Phi Phi Inselgruppe dafür ein, nicht nur den Tourismusmagneten Maya Bay, sondern auch die anderen Inseln im 390 Quadratkilometer großen Marine-Nationalpark zu schützen. „Neben nachhaltigem Wasser-, Strom- und Abfallmanagement führen wir regelmäßig Strandsäuberungen durch, pflanzen Mangroven und sensibilisieren mit unserem Marine Discover Centre unsere Gäste für das fragile Ökosystem“, erklärt Wanlob Hasalem, Hotelmanager im SAii Phi Phi Village Resorts.
Hoteleigenes Meereszentrum
Im hoteleigenen Meereszentrum werden Clownfische gezüchtet und von Fischern versehentlich gefangene Bambushaie aufgepäppelt, bevor sie wieder ausgewildert werden. Man half mit dem zum Discovery Center gehörenden Tauchzentrum auch bei der Wiederaufforstung der zerstörten Korallen in der Maya Bay. Der Mu Koh Phi Phi Marine Nationalpark ist besonders bekannt für seine unglaubliche Vielfalt an Korallenriffen und gilt als wichtiger Rückzugsort vieler bedrohter Hai- und Schildkrötenarten.
„Das Riff ist wieder in einem guten Zustand. Sogar die Schwarzspitzenhaie und grünen Schildkröten sind in die Maya Bay zurückgekehrt“, erklärt Tauchguide Paisan Pradsnphan. Vor allem die Erholungspause für die Natur während der Corona-Pandemie mit den weltweiten Reiseeinschränkungen habe der Unterwasserwelt gutgetan. Nun hofft er, dass man auch den Spagat zwischen Tourismus und Umweltschutz schafft.
Doch der Blick vom Tauchboot in die Maya Bay, in der schon wieder Heerscharen von Touristen am DiCaprio-Strand zu sehen sind, lässt Zweifel aufkommen. Adrian Sidler ist jedoch zuversichtlich. „Ich war schon mal vor zehn Jahren hier. Die ganze Bucht war voll mit Partybooten, der Strand völlig überfüllt. Ich glaube, die bekommen das hier hin“, meint der 30-jährige Schweizer. Dass man nicht mehr baden darf, sei schon in Ordnung. „So gelingen immer Fotos wie zu Leonardo DiCaprios Zeiten“ scherzt der Urlauber aus dem schweizerischen Zug.
Von Manuel Meyer/APA