Im Vatikan ist am Dienstag das Arbeitspapier für die zweite und letzte Session der Welt-Bischofssynode im Vatikan über Synodalität vorgestellt worden. Es enthält konkrete Vorschläge für eine veränderte Rechtsordnung und Funktionsweise der weltweiten katholischen Kirche. In der Kirchenhierarchie soll es demnach künftig mehr Mitbestimmung, Transparenz und Rechenschaftspflicht geben. Auch der Vatikan soll künftig Rechenschaft vor den Ortskirchen ablegen.

Das Papier umfasst 112 Punkten und beinhaltet Hinweise und Vorschläge, wie die Kirche als Ganzes sich in eine synodal-missionarische Richtung entwickeln kann. In der künftigen „synodalen Kirche“ soll es demnach keine einsamen Entscheidungen durch Pfarrer, Bischöfe und Papst mehr geben. Stattdessen sollen auf allen Ebenen synodale Beratungsstrukturen eingeführt werden, die sich allerdings von einer Demokratie unterscheiden.

Die Mitwirkungsgremien sollen, anders als bisher im Kirchenrecht geregelt, nicht mehr eine „bloß beratende Stimme“ haben. Zwar müsse die Letztentscheidung durch den Bischof gewahrt bleiben, doch sei diese Kompetenz an Bedingungen gebunden. Weder müsse künftig der Bischof den Willen des Volkes ausführen, noch solle der Bischof die Gremien dazu benutzen, seine bereits getroffenen Entscheidungen zu übermitteln. Ziel sei vielmehr eine „miteinander geteilte Entscheidung, die dem Heiligen Geist gehorcht“, so der Text.

Mehr Transparenz, mehr Mitsprache

Wiederholt fordert das Arbeitspapier Transparenz und Rechenschaft in der Kirchenhierarchie. „Eine synodale Kirche braucht eine Kultur und Praxis der Transparenz und der Rechenschaftspflicht“, heißt es wörtlich. Beides sei „infolge des Verlusts an Glaubwürdigkeit aufgrund von Finanzskandalen und insbesondere sexuellem und anderem Missbrauch von Minderjährigen und schutzbedürftigen Personen“ nötiger denn je. Transparenz und Rechenschaft brauche es auch bei Pastoralplänen und bei kirchlichen Arbeitsverhältnissen. Rechenschaft solle es künftig in zwei Richtungen geben: Auch die unteren Ebenen sollten diese von den höheren einfordern können.

Das Arbeitspapier wendet dies auch auf die höchste Ebene der Kirchenhierarchie an und schlägt vor, dass der Papst Gesetze künftig erst nach gemeinschaftlichen Beratungen verkünden solle. Sein Apparat, die vatikanische Kurie, solle vor den Bischöfen der Ortskirchen Rechenschaft ablegen.

Rolle der Frauen

Diese und weitere schon im bisherigen Verlauf der Weltsynode laut gewordene Themen, darunter eine mögliche Zulassung von Frauen zum Diakonat und die Reform der Priesterausbildung, hatte der Papst Anfang 2024 an zehn Arbeitsgruppen von Spezialisten ausgegliedert. Es handle sich um Fragen, „zu denen in der Synodenversammlung bereits ein erheblicher Konsens erzielt wurde und die daher reif genug erschienen, um in die Phase der Ausarbeitung konkreter Reformvorschläge übergehen zu können, die dem Heiligen Vater vorgelegt werden sollen“, sagte Synoden-Generalsekretär Grech am Dienstag. Sie sollen noch bis Mitte 2025 beraten und damit die Synode überdauern. Die Arbeitsgruppen sollen der Synodenversammlung im Oktober Zwischenberichte vorlegen.

Auf diese Vorgangsweise weist auch das „Instrumentum laboris“ explizit hin. „Während einige Ortskirchen die Zulassung von Frauen zum diakonischen Dienst fordern, bekräftigen andere ihre Ablehnung“, heißt es. Das Thema werde nicht Gegenstand der Arbeit im kommenden Oktober sein; dennoch sei es richtig, „dass die theologische Reflexion in angemessener Zeit und auf angemessene Weise weitergeht“. Jedenfalls werde generell bei allen Überlegungen zur Rolle der Frau „häufig der Wunsch nach einer Stärkung aller von den Laien ausgeübten Ämter hervorgehoben“.

In einigen Kulturen, so stellt das Arbeitspapier an anderer Stelle fest, „ist der männliche Chauvinismus nach wie vor stark präsent“. Aus diesem Grund sei die zweite Session der Welt-Synode zu einer „breiteren Beteiligung von Frauen an den kirchlichen Entscheidungsprozessen und in allen Phasen der Entscheidungsfindung“ aufgefordert.

Reiche Kirche, arme Kirche

Auf globaler Ebene wird zwischen den armen und reichen Diözesen eine Art solidarischer Finanzausgleich angeregt. Zudem regt das Papier die Schaffung einer dauerhaften Weltsynode an, die anders funktioniert als die von Papst Paul VI. im Jahr 1967 eingeführte Bischofssynode. An der neuen Synode solle „das gesamte Volk Gottes“ teilnehmen.