Im Kampf gegen die negativen Begleiterscheinungen des Massentourismus versucht es das spanische Barcelona nun mit radikalen Schritten. Zum Beispiel mit der Finanzkeule: Die Übernachtungssteuer soll demnächst pro Person auf fünf Euro bis 7,50 Euro, je nach Unterkunftsart, steigen – das ist die höchste Urlaubssteuer Spaniens. Eine vierköpfige Familie muss dann in einer bescheidenen Drei-Sterne-Unterkunft pro Tag mit 20 Euro Bettensteuer rechnen.
Kampf gegen Airbnb
Kurz zuvor hatte der sozialdemokratische Bürgermeister Jaume Collboni angekündigt, dass alle Touristenapartments, die über Airbnb und andere Plattformen vermarktet werden, bis Ende 2028 ausnahmslos verboten werden. Das trifft mehr als 10.000 Touristenwohnungen mit 58.000 Betten. 40 Prozent des Übernachtungsangebots Barcelonas würde damit wegfallen. Ob diese Anordnung tatsächlich umgesetzt werden kann, steht noch in den Sternen. Die Vermieterverbände wollen den Beschluss mit Gerichtsklagen kippen.
Auch für Reisegruppen wurden harte Regeln erlassen. Pro Führer sind nicht mehr als 20 Personen erlaubt. Der Guide darf während seiner Stadtführung keinen Lautsprecher benutzen. In der historischen Markthalle La Boqueria müssen Gruppen am Wochenende sogar ganz draußen bleiben. Die Markthändler klagen, dass sie einer „Plage von Selfies und Videoaufnahmen” ausgesetzt sind und Touristen die Gänge verstopfen.
Touristen mit Wasser bespritzt
„Das Wachstum kann nicht unendlich sein“, sagt Bürgermeister Collboni. Rund 16 Millionen in- und ausländische Besucher kamen 2023 in die katalanische Hauptstadt, in der 1,7 Millionen Menschen leben. Nimmt man die Vororte hinzu, in denen auch viele Stadttouristen unterkommen, waren es sogar 26 Millionen. Die meisten Besucher kommen mit Kreuzfahrtschiffen aus den USA. Danach folgen an zweiter Stelle deutschsprachige Touristen: Mehr als 900.000 Deutsche, Schweizer, Österreicher und auch Luxemburger machten 2023 in Barcelona Station. Hoteliers und Gastronomen freuen sich, doch den Bewohnern wird es zu viel. Laut Umfrage der Stadtverwaltung glauben zwei Drittel der Bewohner, „dass Barcelona hinsichtlich der Aufnahmekapazität am Limit ist“. Rund die Hälfte bekennt, dass sie einen großen Bogen um touristische Zonen macht, weil es dort zu voll ist – die Einwohner fühlen sich als Fremde in ihrer Stadt.
Tausende Menschen demonstrierten bereits am Wochenende in der Stadt gegen den Massentourismus. Einzelne Demoteilnehmer spritzten dabei Touristen in Schanigärten mit Wasserpistolen an. Die Bewohner Barcelonas sind aber nicht die ersten Spanier, die sich gegen Massentourismus aussprechen. Groß angelegte Proteste dagegen gab es zuletzt auch auf Mallorca, Teneriffa oder in Málaga.
Ralph Schulze