Das abenteuerliche Leben von Frank Stronach ist um ein unrühmliches Kapitel reicher. Der mittlerweile 91-jährige gebürtige Steirer sieht sich in Kanada mit Vorwürfen sexueller Übergriffe konfrontiert. Ermittelt wird aufgrund von fünf Straftaten, es gehe laut Polizei um Vergewaltigung, unsittliche Berührung einer Frau, sexuelle Übergriffe und Freiheitsberaubung. Stronachs österreichischer Anwalt Michael Krüger bestätigte die Ermittlungen am Samstag.
Eine „Verhaftung“ oder Zwangsmaßnahmen, wie es zuvor laut Agenturberichten hieß, habe es aber nicht gegeben. „Er wurde angerufen von der Polizei, es wurde ihm mitgeteilt, dass Vorwürfe gegen ihn erhoben werden, und er möge zur Polizei kommen zu einer Einvernahme. Dieser Aufforderung hat er Folge geleistet“, sagt Krüger. Der 91-Jährige sei einvernommen worden, „danach ist er wieder gegangen“. Er sei wieder auf freiem Fuß, unter der Auflage der Abgabe seines Reisepasses. Stronach könne diesen aber im Fall von geschäftlichen Auslandsreisen zurückerhalten. Laut der von Reuters zitierten Peel Regional Police sollen sich die mutmaßlichen sexuellen Übergriffe von den 1980er-Jahren bis ins Jahr 2023 erstreckt haben. Der Magna-Gründer werde zu einem späteren Zeitpunkt vor dem Ontario Court of Justice in Brampton erscheinen, hieß es.
„Vorwürfe entbehren jeder Grundlage“
„Diese Vorwürfe entbehren jeder Grundlage“, sagte Stronach Samstagnachmittag zur Kleinen Zeitung. Er würde niemals eine Frau gegen ihren Willen berühren. Zuvor hatte Stronachs kanadischer Anwalt Brian Greenspan alle erhobenen Vorwürfe „kategorisch“ zurückgewiesen. Stronach freue sich auf die Gelegenheit, auf die Vorhaltungen vollständig zu reagieren „und sein Vermächtnis als Philanthrop und Ikone der kanadischen Geschäftswelt aufrechtzuerhalten“.
Seitens des Magna-Konzerns heißt es, man habe keine Kenntnis von der Untersuchung oder den erhobenen Vorwürfen. Auch verwies man darauf, dass der 91-Jährige keine Verbindung zu Magna habe, seit er im Jahr 2010 die Kontrolle abgegeben hat. Stronach hatte Magna International im Jahr 1973 im kanadischen Aurora gegründet und daraus einen Weltkonzern geschmiedet, der innerhalb von 20 Jahren zum größten Zuliefer-Unternehmen der Automobilindustrie wuchs.
Vom Tellerwäscher zum Milliardär
Es war eine Traumkarriere, die vom Tellerwäscher zum Milliardär führte. Als vor 70 Jahren ein junger Mann aus Weiz, der damals noch Franz Strohsack hieß, ein Schiff Richtung Kanada bestieg, hatte er nur 200 Dollar in der Tasche. Die waren rasch aufgebraucht. „Es ist schlimm, wenn man hungrig ist, aber kein Geld hat, um sich etwas zu Essen zu kaufen“, erzählte Stronach später. Das habe sich bei ihm eingebrannt.
Der gelernte Werkzeugmacher verdiente sich sein Geld als Tellerwäscher in einer Spitalsküche. Später schuftete er 16 Stunden in einer alten Garage, wo er als Ein-Mann-Firma Kleinteile für die Metall- und Autobranche fertigte. 1973 gründete Stronach Magna, 1988 baute er die erste Fabrik in Österreich (in Weiz) und stampfte in Oberwaltersdorf eine pompöse Europazentrale aus dem Boden. 1998 kaufte Magna das Steyr-Daimler-Puch-Werk in Graz. Magna betreibt heute 340 Fabriken in 28 Ländern und beschäftigt rund 170.000 Mitarbeiter.
„Klassischer Ruhestand ist nichts für mich“
2010 zog sich Stronach aus dem Konzern zurück und ließ sich seinen Abschied mit einer Milliarde Dollar versüßen. Abseits vom Kerngeschäft war Stronach ein Big Player im Pferdesport, er investierte in Fußball, Golfanlagen und Rinderzucht. „Klassischer Ruhestand ist nichts für mich“, sagte er im Interview zu seinem 90er, in dem er auch über seine Arbeit an einem Mikro-Elektroauto namens Sarrit berichtete.
„Ich hab mich da später auch selbst gerügt und mir gesagt, teilweise warst du gleich deppert“, sagte Stronach zum 90er über seinen von skurrilen Auftritten geprägten Ausflug in die österreichische Politik. 2012 hatte er das Team Stronach gegründet, das bei der Nationalratswahl im September 2013 mit 5,7 Prozent in das Parlament kam. Stronach gab schon wenige Monate später sein Mandat wieder ab.
Auch in der Familie kam es zu Konflikten, Stronach verklagte vor einigen Jahren seine eigene Tochter, mittlerweile soll aber wieder alles okay sein. „Er war ein guter Mensch. Fertig. Schluss“, sollen die Menschen einmal über ihn sagen. Die nun bekannt gewordenen Vorwürfe werden das schwerer machen.