Einst bevölkerten Waldrappen große Teile des Alpen- und Mittelmeerraums. Über die Jahrhunderte verschwanden die gänsegroßen Zugvögel jedoch vom europäischen Kontinent. Dank eines Auswilderungsprojekts sind mittlerweile wieder einige Exemplare in unseren Breitengraden heimisch. Nun gab es die nächste Erfolgsmeldung:
Elf Waldrappen haben in einer Felsnische am Bodensee zu nisten begonnen – dank zweier Attrappen. Diese wurden mit einem 3D-Drucker erzeugt und entsprechend an den Felsen positioniert. Die echten Artgenossen wurden dadurch animiert. „Der Platz wurde sehr gut aufgenommen“, sagte Anne-Gabriela Schmalstieg vom sogenannten Waldrapp-Team in Überlingen. „Wir sind sehr optimistisch, dass in der Felswand auch gebrütet wird.“
Noch seien keine Eier in den Nestern. Die Hoffnung auf Küken sei bei aktuell drei Brutpaaren und einem potenziell vierten auch in diesem Jahr hoch. „Nächste Woche könnte es schon losgehen mit dem Brüten.“ Die ersten Küken werden Ende Mai bis Anfang Juni erwartet. Zuvor hatte der „Südkurier“ berichtet.
„Der finale Schritt zur Selbstständigkeit“
Vier Weibchen und sieben Männchen seien aus ihrem Winterquartier im Süden nach Überlingen, rund 60 Kilometer von der österreichischen Grenze entfernt, zurückgekehrt. Sie würden in den Nestern „herumwursteln“, würden aber auch immer wieder wegfliegen. Eine künstliche Brutwand aus Holz sei den Vögeln in diesem Frühjahr verwehrt worden. Auch das habe sicherlich etwas zum Erfolg geführt.
Es sei wichtig, dass die Vögel natürlich Brutplätze aufsuchen, sagte der Projektleiter des Waldrapp-Teams, Johannes Fritz. „Das ist der finale Schritt zur Selbstständigkeit und war von Anfang an das Ziel.“ Entlang des Bodensees gebe es an den Felswänden viele Nistmöglichkeiten für die Tiere, so der Biologe weiter. Das sei eine gute Möglichkeit, als Kolonie zu wachsen.
Der Waldrapp (Geronticus eremita) ist Naturschutzverbänden zufolge einer der seltensten Vögel der Welt. Die Art brütet gerne in der Nähe von Gewässern an Felsklippen und Steilküsten.
Die Zugvögel mit den markanten, schopfartigen Federn am Kopf und sichelförmigen Schnäbeln waren zuletzt in freier Wildbahn praktisch ausgestorben. Die Waldrappe am Bodensee gehören zu einer von mehreren Kolonien, die zu einem Auswilderungsprojekt im Alpenraum zählen. Das Waldrapp-Team leitet die Auswilderung. Bis ins 17. Jahrhundert lebten Waldrappe unter anderem an Felsen in Überlingen. Dann wurden ihnen Vogeljäger zum Verhängnis.
Heutzutage macht den Waldrappen auch der Klimawandel zu schaffen. Damit die Zugvögel nach der Auswilderung wissen, wohin sie im Herbst fliegen müssen, begleiten Fritz und sein Team die Waldrappen mit Leichtflugzeugen und weisen ihnen den Weg. Im vergangenen September ging es nach Andalusien (Spanien).