Nach einer teils hochemotionalen Debatte hat der Deutsche Bundestag grünes Licht für das neue Selbstbestimmungsgesetz der Regierung gegeben. Das Plenum stimmte am Freitag in namentlicher Abstimmung mehrheitlich für das Gesetz, mit dem die Änderung von Angaben zum eigenen Geschlecht bei Behörden künftig deutlich leichter werden soll als bisher. Bei insgesamt 636 abgegebenen Stimmen votierten 374 Abgeordnete für das Gesetz.
Mit Nein stimmten 251, elf Abgeordnete enthielten sich. Oppositionelle Unterstützung für das Gesetz der Ampel-Koalition kam aus der Gruppe Die Linke. Union, AfD und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) lehnten eine Zustimmung klar ab.
Erleichterung für Transpersonen
Mit dem neuen Gesetz soll es leichter werden, seinen Geschlechtseintrag und Vornamen auf Ämtern ändern zu lassen. Es sieht vor, dass Menschen ab 1. November dieses Jahres die entsprechende Änderung per Erklärung gegenüber dem Standesamt vornehmen können. Die bisherige Pflicht, eine ärztliche Bescheinigung und mehrere Gutachten dafür vorzulegen, soll wegfallen.
Die Erleichterungen betreffen vor allem transgeschlechtliche, intergeschlechtliche und nicht-binäre Menschen, die bisher hohe Hürden auf sich nehmen mussten, um ihren Geschlechtseintrag samt Vornamen auf dem Amt ändern zu lassen. Sie müssen bis heute dafür ein langwieriges und kostspieliges Verfahren mit Sachverständigengutachten durchlaufen.
Mit dem neuen Selbstbestimmungsgesetz wird das seit 40 Jahren geltende, deutsche Transsexuellengesetz abgelöst. Das Bundesverfassungsgericht hatte die Regelungen des Gesetzes mehrfach in Teilen für verfassungswidrig erklärt und auf die demütigenden Verfahren für Betroffene hingewiesen.
Ende der Demütigung
Mit den Demütigungen sei nun Schluss, erklärte der Queerbeauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann, am Freitag im Bundestag. Das Transsexuellengesetz habe genug Leid verursacht. Die Grünen-Abgeordnete Nyke Slawik, die selbst zur Gruppe der Transpersonen gehört und ihren Geschlechtseintrag auf Basis der bisherigen Regeln ändern ließ, bedankte sich bei allen, die das neue Gesetz möglich gemacht hätten. „Als Transpersonen erleben wir immer wieder, dass unsere Würde zur Verhandlungssache gemacht wird“, erklärte sie. Damit sei nun Schluss. Aus der Opposition kam scharfe Kritik.
Die CDU-Abgeordnete Mareike Wulf (CDU) warf der Regierungskoalition vor, dass mit dem Gesetz künftig jeder Bürger seinen Geschlechtseintrag auf dem Amt ändern lassen könne, ohne dafür eine nähere Begründung zu nennen. Die AfD fand teils drastische Worte. „Jeder soll plötzlich irgendwie alles sein können“, rief der Abgeordnete Martin Reichardt. Er sprach von „ideologischem Unfug“ und von „Transextremisten“. Es sei ein „aberwitziges Gesetz“, das seine Fraktion vollumfänglich ablehne.