Ein fremder weißer Menschenaffe“: So bezeichnete die herausragende Primatologin Jane Goodall sich launig selbst, wenn sie zu ihren Schimpansen ging. Heute wird die 1934 in Hampstead in London geborene Britin 90 Jahre alt – sie blickt auf ein langes und erfülltes Leben, ganz im Zeichen der Affenforschung zurück.

Ähnlichkeiten, im Guten wie im Schlechten

In den 1960er-Jahren begann Goodall das Verhalten von Schimpansen in Tansanias Gombe-Stream-Nationalpark zu untersuchen und ging neue Wege: „Damals dachten viele Forscher, dass nur Menschen einen Verstand hätten, nur sie rational denken könnten.“ Nun, ob des desolaten Zustandes der Welt könnte man eben daran grundlegende Zweifel anmelden. Goodall aber ging es darum, Wesenszüge frei lebender Schimpansen in voller Bandbreite zu erforschen und mit Mythen aufzuräumen. Ihr Wirken revolutionierte die Sicht auf die Affen, bei denen sie viele Verhaltensweisen festmachte, die man von Menschen kennt – gute, aber auch zweifelhafte.

Goodall mischte sich unter das Schimpansenvolk: Ihre Methode der „teilnehmenden Beobachtung“ der engsten Verwandten der Menschen sorgte zu Beginn durchaus für Stirnrunzeln. Am Ende gaben ihr die enormen Forschungserfolge recht: Die Britin trug wesentlich zum Verständnis der Primaten bei und wurde zu einer Koryphäe des Artenschutzes. Goodall kämpft für Alternativen zu Tierversuchen und setzt sich für eine Reduzierung des maßlosen Fleischkonsums der Menschheit ein.

Ihre Einschätzung zum Homo sapiens? „Wir sind die intelligenteste Kreatur, die je auf diesem Planeten herumgelaufen ist. Aber wie kommt es, dass wir die Zerstörung unseres einzigen Lebensraumes erlauben?“ Und: „Wenn alle den gleichen Lebensstandard hätten wie der Durchschnittseuropäer oder -amerikaner, bräuchten wir sechs Planeten.“ „Ich muss weitermachen!“, ortet die sanfte Rebellin mehr Handlungsbedarf denn je.