Kollisionen mit Lkw sind die Ursache für rund 15 Prozent der getöteten Autofahrer im Straßenverkehr – sowohl in Europa als auch in den USA. Dabei waren Lkw – über und unter 3,5 Tonnen zusammengerechnet – nur bei etwas unter vier Prozent der Verkehrsunfälle in Österreich 2022 beteiligt. Dieses Missverhältnis zu ändern und den Straßenverkehr allgemein sicherer zu machen, haben sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der schwedischen Chalmers University of Technology auf die Fahnen geheftet.

Dazu wird intensiv geforscht und experimentiert – offenbar mit Erfolg. Denn, wie die Universität Mitte März vermeldete, könnten sich der Aufbau und die Optik von Lastwägen revolutionieren. Die Forschenden arbeiteten nämlich ein Konzept für die Front der Lkw aus, das die Deformation im Innenraum von Autos bei einer Kollision um 30 bis 60 Prozent reduzieren würde; das zeigten erste Crashtests mit einem Prototyp. Der Aufbau – eine blaue, lamellenbewehrte Box – bestand bei diesen provozierten Zusammenstößen aus Aluminiumwaben. „Dabei handelt es sich um eine Struktur, die aus sich wiederholenden sechseckigen Rohren aus Aluminiumfolie besteht“, erklärt Robert Thomson von der Abteilung für Fahrzeugsicherheit der Universität. Etwa 97 Prozent des Volumens würde aus Luft bestehen und damit die Aufprallenergie sehr gut absorbieren.

Bei den Tests wurden ein schwer beladener Lkw und ein Pkw auf 80 km/h beschleunigt. Durch automatische Notbremssysteme, wie sie in modernen Fahrzeugen üblich sind, prallten das Auto und der Lastwagen schließlich mit rund 50 km/h aufeinander.

Video: Crashtest mit der adaptierten Lkw-Front in Slow Motion

Neue EU-Richtlinien machen es möglich

Rikard Fredriksson, leitender Experte für Straßenverkehrssicherheit bei der schwedischen Verkehrsbehörde, erklärt: „Wir sehen, dass Lkw in tödlichen Verkehrsunfällen deutlich überrepräsentiert sind. Es sind nicht die Lastwägen, die die Unfälle verursachen, aber wenn sie involviert sind, ist es sehr ernst.“

Modifizierte Mittelleitplanken und Fahrassistenzsysteme würden die Anzahl der Unfälle zwar verringern, ganz zu verhindern seien sie jedoch nicht. Daher müssen Lkw Crash-sicherer gemacht werden, stellt Fredriksson klar. Neue EU-Richtlinien würden längere Frontbereiche bei Lastwägen erlauben und damit einen zusätzlichen Aufbau, wie er aktuell getestet wird, möglich machen. „Dadurch erhält man eine gemeinsame Aufprallzone zwischen dem Lkw und dem Pkw, die einen größeren Abstand ermöglicht und damit die Aufprallenergie reduziert“, sagt der Verkehrsexperte.

„Es macht einen enormen Unterschied, wenn du diesen Puffer anbringst. Es ist beeindruckend“, beschreibt es Ulric Långberg, Leiter der Abteilung Sozialpolitik beim Schwedischen Transportverband. „Im Prinzip ist es ein Teil des Puzzles wie die Mittelleitplanke und alle anderen Maßnahmen, die wir ergreifen.“

Die Europäische Union hat sich mit ihrer „Vision Zero“ das Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2050 die Zahl der Verkehrstoten auf „nahezu null“ zu reduzieren. Die Schweden wollen mit Entwicklungen zur Verkehrssicherheit federführend mitwirken, betont Fredriksson. Als Mitglied des europäischen Crashtest-Programms „Euro NCAP“ arbeitet das skandinavische Land daran, dass sicherere Lkw-Fronten bis zum Jahr 2030 Standard sind – in welcher Form auch immer. Der Puffer vorne wäre aber offensichtlich schon einmal eine gute Option.

Video: Verkehrsexperten sprechen über die lebensrettende Lkw-Front (Englisch)