Chirurgen im Massachusetts General Hospital in Boston gelang vergangene Woche ein medizinischer Meilenstein, wie die „New York Times“ am Donnerstag berichtet. Zum ersten Mal wurde einem menschlichen Patienten die Niere eines genetisch veränderten Schweins eingesetzt. Wäre die Transplantation von langfristigem Erfolg geprägt, könnte diese Methode das Leben von Millionen Dialysepatienten weltweit verändern.
Die Ärzte des Lehrkrankenhauses, das Teil der renommierten Havard University ist, berichten, dass der Körper des 62-jährigen Richard Slayman gut auf das neue Organ reagiere. Bereits kurze Zeit nach der Operation hätte die Niere begonnen, Urin zu produzieren. Außerdem hätte sich der Gesundheitszustand Slaymans verbessert.
In den USA könnte diese neue Methode vor allem Personen aus den ärmeren Gesellschaftsschichten eine neue Perspektive eröffnen. Mehr als 800.000 US-Bürger leiden an Nierenversagen und benötigen eine Dialyse, ein Verfahren, das Giftstoffe aus dem Blut filtert. Über 100.000 stehen auf einer Warteliste für eine transplantierte Niere von einem lebenden oder verstorbenen menschlichen Spender. In Österreich erhielten im Jahr 2022 insgesamt 337 Personen, also etwa die Hälfte der Nierenersatztherapie-Patientinnen und -Patienten, ein Spenderorgan. Im Schnitt beträgt die Wartezeit auf eine Spenderniere 36,6 Monate (ab der ersten Dialyse).
Organe von Tieren als Chance
Dass Organe von Tieren Menschenleben retten könnten, wird bereits seit Jahrzehnten betont. Die große Schwierigkeit bestünde aber vor allem darin, dass das menschliche Immunsystem das tierische Organ nicht abstoße.
Chirurgen der University of Maryland transplantierten in der Vergangenheit bereits zwei Schweineherzen in menschliche Patienten, die kaum mehr eine andere Option hatten. Bei beiden schien die Operation zunächst ein Erfolg gewesen zu sein, doch beide Personen verstarben kurz Zeit später.
Deshalb müsse man bei Richard Slayman auch abwarten, wie sich sein Gesundheitszustand entwickelt. Fürs Erste sind die Ärzte aber sehr zufrieden. „Er sieht wie er selbst aus. Es ist bemerkenswert“, teilte Doktor Winfred Williams, einer seiner behandelnden Ärzte, mit. Seine Niere stammt von einem Schwein, das von der Biotech-Firma eGenesis entsprechend modifiziert wurde. Drei natürliche Gene wurden entfernt und dafür sieben menschliche Gene eingefügt. Schweine sind außerdem Träger von Retroviren, die Menschen infizieren können – auch diese Erreger wurden deaktiviert. Gen-modifizierte Schweinenieren wurden bislang nur an hirntoten Personen getestet.