Voyager, Reisender: Um die Bedeutung der US-Raumsonden zu erfassen, braucht es Eckdaten: Voyager 1 und 2 starteten im September 1977 und wurden zu den am weitesten von der Erde entfernten, je von Menschen gebauten Konstruktionen. Voyager 1, die wie ihre „Schwester“ das äußere Planetensystem erforschte, ist heute 16.994 Tage im All und in einer Distanz von etwa 24,4 Milliarden (!) Kilometer im interstellaren Raum unterwegs.

Seit vergangenem November ist das – Jahrzehnte nach dem offiziellen Ende der Mission – noch immer aktive Raumfahrtwunder Sorgenkind der Nasa. Kamen vom Rande des Sonnensystems bis Ende 2023 noch verlässliche technische Messwerte, waren es danach wegen eines Fehlers des Systems nur noch mehr oder weniger sinnfreie Daten. Man kämpft um einen Dialog mit dem nach heutigen Maßstäben steinzeitlichen Computersystem, doch die Möglichkeiten sind stark begrenzt. Kommuniziert wird fast ausschließlich per Parabolantenne.

„Schreibt mich noch nicht ab!“

Nun scheint in das Chaos wieder etwas Struktur zu kommen: Voyager 1, fernster Außenposten der Menschheit, schickte nach Monaten wieder ein einigermaßen verwertbares Speicherabbild zu Erde. Die Daten sind noch kryptisch, doch sie könnten helfen, das massive Kommunikationsproblem mit der Sonde zu lösen – wie die Botschaft „Schreibt mich noch nicht ab!“, wenn man so will.

Alle Codes, die eintreffen, werden von einem der Bordcomputer generiert: Das Flugdatensystem (FDS), das die von den Instrumenten gelieferten Daten in kompakte Datenpakete umwandelt, schickte plötzliche nicht mehr die immer gleichen unlesbaren Zahlenfolgen, sondern etwas Strukturierteres, das das Deep Space Network der Nasa entschlüsseln konnte.

Und siehe da: Im decodierten Datenwulst war völlig unerwartet ein komplettes Speicherabbild – neben dem Betriebssystem auch Variablen mit Informationen über die Sonde. Ausgehend davon kann das abgestellte Nasa-Team vergleichen, wie es um das FDS vor Auftreten des Fehlers bestellt war – und die Ursache eingrenzen. Man arbeitet derzeit intensiv daran, das wissenschaftliche Leben der Voyager 1 doch noch zu verlängern. Es braucht allerdings Geduld: Die Signallaufzeit für einen irdischen Befehl zur Sonde beträgt 22,5 Stunden – und weitere 22,5 Stunden, bis Signale aus dem Kosmos zur Erde gelangen.

Eine große Herausforderung beim Versuch, Voyager 1 wieder auf Spur zu bringen, ist die extrem veraltete Technik: „Der Knopf, den Sie drücken, um die Tür Ihres Autos zu öffnen, hat mehr Rechenleistung als die Voyager-Raumschiffe“, bilanziert Voyager-Projektleiterin Suzanne Dodd. Doch wo liegt der Hund eigentlich begraben? Wahrscheinlich ist, dass zwei Computersysteme an Bord wegen eines Speicherschadens nicht mehr korrekt miteinander kommunizieren können.

Zeit, wie wir sie kennen, spielt bei der Odyssee der Voyager 1 in die Ewigkeit zwar längst keine Rolle mehr, allerdings geht ihr selbst nach und nach das „Licht“ aus: Die Radionuklidbatterien an Bord bauen rapide ab, immer mehr Sensoren müssen deshalb abgeschaltet werden. Eines, nicht allzu fernen Tages wird der Erdenspäher dann so oder so und endgültig verstummen – ohne jedoch seinen Weg ins Nirwana deshalb zu beenden.