Der heurige Rekordwinter - wohlgemerkt, was die hohen Temperaturen betrifft - gibt einen Vorgeschmack darauf, was in Zukunft dank des Klimawandels zur Norm werden könnte: „Kalte Jahreszeiten“ mit weniger länger liegen bleibendem Schnee. Ein deutsches Forschungsteam stellt nun im Fachblatt „Plos One“ Prognosen zur Situation in Skigebieten weltweit vor. In den Alpen-Skiressorts kommt man bis Ende des Jahrhunderts im Schnitt auf rund 40 Prozent weniger Tage mit Schneebedeckung.
Die Wissenschafter um Veronika Mitterwallner von der Universität Bayreuth (Deutschland) sammelten Daten zu den wichtigsten sieben Regionen der Welt, in denen der Skitourismus eine bedeutende Rolle spielt. Dann rechneten sie Klimaszenarien mit unterschiedlichem Ausmaß an Treibhausgasausstoß bis zum Ende des Jahrhunderts auf die jeweiligen regionalen Gegebenheiten in den Alpen, den Anden in Südamerika, den nordamerikanischen Appalachen und Rocky Mountains sowie den Japanischen-, Australischen- und Neuseeländischen Alpen (Südalpen) um. Bisherige einschlägige Studien hätten sich meistens nur mit kleinräumigeren Effekten durch die Erderhitzung auf Skigebiete auseinandergesetzt, daher setze man hier auf einen weltweiten Fokus, so die Wissenschafter.
Globale Skigebiete in Gefahr
Die Weltregion mit der mit Abstand größten Skigebiet-Konzentration sind die europäischen Alpen, die laut der Erhebung von Mitterwallner und Kollegen immerhin fast 70 Prozent der Ressorts auf sich vereinen, 15 Prozent der Skigebiete befinden sich demnach in den Rocky Mountains und sieben Prozent in Japan. Aus den neuen Analysen lasse sich ableiten, dass global gesehen eines von acht Skiresorts - also 13 Prozent - damit rechen müsse, im Zeitraum vom Jahr 2071 bis 2100 gar keinen natürlichen Schneefall mehr in der Wintersaison zu erleben, heißt es in der Arbeit.
„In allen großen Skiregionen wird unter jedem bewerteten Emissionsszenario mit einer substanziellen Abnahme der Tage mit natürlicher Schneedecke gerechnet“, so Mitterwallner. Auch für Europa weisen die Zahlen dementsprechend nach unten - allerdings in recht unterschiedlichem Ausmaß: Das günstigste Szenario beschreibt stabile Durchschnittstemperaturen bei etwa 1,8 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau („SSP1-2.6“) um das Jahr 2100. In diesem Fall würde die durchschnittliche Anzahl an Tagen mit natürlicher Schneebedeckung über den gesamten Alpenbogen hinweg von 218 (im Zeitraum zwischen 1981 und 2010) auf 184 in der Periode 2071 bis 2100 sinken. Bei diesem sehr optimistischen Ansatz würde sich damit die Schneetag-Anzahl gegenüber der momentanen Situation (Zeitspanne 2011-2040) kaum reduzieren.
Globale Auswirkungen hoher Emissionsszenarien
Im Szenario mit hohen Emissionen („SSP3-7.0“) mit einem Temperatur-Plus von um die 3,6 Grad bis Ende des Jahrhunderts verschärft sich der Schneerückgang stark: Von historischen 218 auf aktuell 187 Tage und weiter auf im Schnitt nur 137 um das Jahr 2100. Geht man hingegen von „sehr hohen“ Treibhausgasemissionen mit einem als katastrophal anzusehenden Plus von rund 4,4 Grad aus, landet man bei lediglich 129 Schneetagen in den Alpen-Skigebieten.
Unter solchen Hochemissions-Annahmen gäbe es vor allem in Australiens Skigebieten nahezu gar keinen Schnee mehr. Im SSP3-7.0-Szenario reduzieren sich die jährlichen Schneedeckentage in den australischen Alpen um 78 Prozent, in den Neuseeländischen Alpen um 51, in den Japanischen Alpen um genau die Hälfte, in den Anden um 43 und den europäischen Alpen um 42 Prozent. Am geringsten fallen die Reduktionen in den Appalachen (minus 37 Prozent) und den Rocky Mountains mit 23 Prozent im Vergleich zu 1981 bis 2010 aus.
Wirtschaftliche Einbußen und ökologische Bedrohungen
Mit den wirtschaftlichen Effekten der heute schon vollzogenen Klimaerwärmung in Nordamerika setzte sich kürzlich eine andere Studie der Universität Innsbruck und der University of Waterloo (Kanada) auseinander: Im Fachblatt „Current Issues in Tourism“ bezifferte das Team die volkswirtschaftlichen Verluste der US-Skiindustrie durch den Klimawandel in den vergangenen beiden Jahrzehnten mit über fünf Milliarden Dollar (rund, 4,6 Mrd. Euro).
„Unsere Ergebnisse weisen auf potenziell negative Entwicklungen sowohl für den Freizeit- und Wirtschaftswert des Skifahrens als auch für die Bergbiodiversität hin, da gefährdete Hochgebirgsarten durch den Raumverlust bei der Ausdehnung von Skigebieten bedroht sein könnten“, so auch die Sportökonomin Mitterwallner zu der neuen „Plos One“-Arbeit. Das heißt, dass sich rentable Skiresorts klarerweise immer höher oben und damit immer näher an den Hauptkämmen der Gebirgszüge befinden werden. Damit steige der wirtschaftliche Druck auf jetzt noch dünner besiedelte Rückzugsräume für die alpine Natur weiter, weil hier Infrastruktur ausgebaut würde. In dann noch schneeärmeren Ressort in tieferen Lagen näher an den Ballungsräumen müssten Liftbetreiber noch mehr als jetzt schon auf künstliche Beschneiung setzen, um noch möglichst flächendeckenden Betrieb zu garantieren.