Deutschlands Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat die geplante kontrollierte Freigabe von Cannabis kurz vor der entscheidenden Bundestagsabstimmung gegen breite Kritik verteidigt. „Wir dürfen hoffen, dass wir mit diesem Gesetz zwei Drittel des Schwarzmarktes beenden können“, sagte der SPD-Politiker am Dienstag im Deutschlandfunk. Damit löse man ein großes Problem. Aus der SPD-Fraktion und den Ländern wurden indes weiterhin Bedenken laut.
Gesetzespläne gehen in die finale Phase
Wenn in Cannabis-Clubs und im Selbstanbau künftig genug Material angeboten werde, werde die Nachfrage auf dem Schwarzmarkt drastisch einbrechen, so Lauterbach. Das Parlament soll die Gesetzespläne der Ampelkoalition voraussichtlich an diesem Freitag beschließen.
Lauterbach sagte, es sei auch bei Gegnern der Reform nicht strittig, dass die jetzige Politik gescheitert sei. Gerade Jüngere konsumieren zunehmend. „Wir überlassen die jungen Leute jetzt also in einer Tabuzone dem Schwarzmarkt.“ Dort gebe es „toxische Substanzen“ mit Beimengungen und Dealer in zwielichtigen Umfeldern. Es gehe nicht darum, neue Konsumenten zu finden. „Sondern die 18- bis 25-Jährigen, die jetzt konsumieren, die wollen wir einfach sicherer konsumieren lassen.“ Das Gesetz werde durch den Bundestag gehen.
Der federführende Gesundheitsausschuss soll sich an diesem Mittwoch abschließend mit den Gesetzesplänen befassen. Der Eigenanbau und Besitz bestimmter Mengen sollen demnach für Volljährige ab dem 1. April erlaubt sein. Zum 1. Juli sollen Clubs zum gemeinsamen, nicht kommerziellen Anbau möglich werden. Vorgesehen sind zahlreiche Regeln und Vorgaben. An den Plänen gibt es breite Kritik von Medizinverbänden, aus der Justiz sowie unter anderem auch von den Innenministern der deutschen Bundesländer und Innenpolitikern der SPD.
Scharfe Kritik
Der SPD-Abgeordnete Sebastian Fiedler sagte dem Online-Rechtsmagazin „Legal Tribune Online“, dass sich die organisierte Kriminalität mit der aktuellen Lösung gut arrangieren könne. „Wenn künftig jeder mit bis zu 25 Gramm Cannabis durch die Straßen laufen darf, ohne dass nach der Herkunft des Stoffes gefragt wird, ist das genau die Form von Vertriebsmöglichkeit für Dealer, von der sie nicht einmal zu träumen gewagt haben.“ Wie der „Tagesspiegel“ berichtete, machten Fiedler und der SPD-Innenpolitiker Sebastian Hartmann auch in einem Brief an ihre Fraktionskollegen Vorbehalte deutlich und warben für einen neuen Anlauf.
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich machte vor der Fraktionssitzung am Dienstag deutlich, dass alle die Gelegenheit haben sollten, Unterstützung und Bedenken zu äußern. „Am Ende wird es dann aber auch zu einer gemeinsamen Entscheidung der Fraktion kommen.“ Das Gesetz wolle er so verstanden wissen, dass es den Gesundheitsschutz unterstütze und junge Konsumenten entkriminalisiere, sodass sie von einer Drogensucht auch wieder wegkämen.
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) warnte im Sender „Welt“ (Dienstag) vor „Augenwischerei“ beim Schutz von Jugendlichen. Jeder könne sich an bestimmten Schulen vorstellen, wenn über 18-Jährige Cannabis haben dürfen, wie lange es dauere, „bis auch die unter 18-Jährigen von den über 18-Jährigen was abbekommen“.