Weil eine Schöffin in sozialen Medien einen Aufruf zum Mord verbreitet haben soll, ist der Sexualdeliktsprozess gegen den Maddie-Verdächtigen vertagt worden. Dem 47 Jahre alten Christian B. werden drei schwere Vergewaltigungen und sexueller Missbrauch von Kindern in zwei Fällen vorgeworfen. Die Taten soll der Angeklagte in Portugal begangen haben.

Zu Beginn der Verhandlung am Freitag hatte Verteidiger Friedrich Fülscher einen Befangenheitsantrag gegen eine ehrenamtliche Richterin gestellt. Sie soll in sozialen Medien einen Aufruf zum Mord an dem ehemaligen brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro verbreitet haben. Nach etwa 40-minütiger Beratung schloss sich die Staatsanwaltschaft dem Befangenheitsantrag an. „Die Äußerungen stehen außerhalb unserer Rechtsordnung“, sagte Oberstaatsanwältin Ute Lindemann. Ein Aufruf zum Mord und Totschlag sei etwas, „was wir hier nicht dulden“. Es werde geprüft, ob ein Strafverfahren gegen die Schöffin eingeleitet werde.

Der Prozess gegen Christian B. geht am Freitag in einer Woche (23. Februar) weiter. Dann könnte die Verlesung der mehr als 100-seitigen Anklageschrift auf dem Programm stehen. Im Juni 2020 hatten deutsche Ermittler überraschend bekannt gegeben, dass sie den vorbestraften Sexualstraftäter im Fall der seit 2007 vermissten Maddie aus Großbritannien unter Mordverdacht haben. Die damals dreijährige Madeleine McCann war im Mai 2007 im portugiesischen Praia da Luz aus einer Ferienanlage verschwunden. Der Fall sorgte weltweit für Schlagzeilen, ist aber nicht Gegenstand des aktuellen Prozesses in Braunschweig.

Christian B. muss sich wegen fünf schwerer Sexualstraftaten vor Gericht verantworten. Unter anderem soll er 2004 eine damals 20 Jahre alte Frau aus Irland in einem Appartement in Portugal vergewaltigt haben. Der Andrang vor dem Landgericht Braunschweig am Freitagmorgen so groß, dass der ursprünglich geplante Auftakt um 9 Uhr nicht eingehalten werden konnte, wie Reporter der Nachrichtenagentur dpa berichteten. Vor dem Gebäude bildeten sich lange Schlangen, vor dem Betreten mussten sich alle Besucherinnen und Besucher aufwendigen Sicherheitsmaßnahmen unterziehen.

Während die Staatsanwaltschaft Braunschweig eine Verurteilung des Angeklagten mit Blick auf alle angeklagten Taten anstrebt, geht Verteidiger Friedrich Fülscher von der Unschuld seines Mandanten aus und will Freisprüche erreichen. Es gilt die Unschuldsvermutung.