Orange-rot glühende Lava-Fontänen als feurige Boten aus dem Erdinneren – es sind spektakuläre Bilder wie aus einem Endzeitfilm, die in Island wohl noch länger zu bestaunen sein werden. „Dieser Ausbruch kann Tage, Wochen oder sogar Monate dauern. Es ist sehr schwierig, sein Ende vorherzusagen“, sagt Páll Einarsson über den seit Montagabend anhaltenden Vulkanausbruch auf der Reykjanes-Halbinsel in Islands äußerstem Südwesten.

Der Geologe und Vulkanexperte, der an der staatlichen Universtität von Island in Reykjavík forscht und lehrt, nennt die Eruption bei Grindavík im Interview „einen für Island typischen Ausbruch“. Das sei allerdings relativ zu sehen: „Der Ausbruch ist viel größer und mächtiger ist als die drei vorherigen Ausbrüche seit 2021 auf der Halbinsel“, erklärt der Wissenschaftler.

Ein Vulkanausbruch mit langer Ankündigung

Was nun so eindrucksvoll über die Erdbühne geht, zeichnete sich bereits seit geraumer Zeit unübersehbar ab: Der Ausbruch nahe dem Fischerdorf Grindavík südwestlich der Hauptstadt Reykjavik folgte Dutzenden Erdbeben der vergangenen Wochen. Die rund 4000 Einwohner mussten deswegen schon im November ihre Häuser verlassen. Allerdings fließe die Lava – 100 bis 200 Kubikmeter pro Sekunde – nun „hauptsächlich nach Osten und Norden aus der Spalte, weg von den besiedelten Gebieten und der Infrastruktur wie Straßen und Stromleitungen“, so Einarsson. Islands Regierungschefin Katrín Jakobsdóttir spricht von einem „bedeutsamen Ausbruch“.

Eine aus Vulkanen geborene Insel wie Island ist im Grunde Schauplatz fortlaufender seismologischer und vulkanischer Aktivität – so auch jetzt: Am 10. November war es laut Einarsson zu einem Einbruch eines Eruptivgangs gekommen, danach blähte sich eine Magmakammer unter dem Geothermalkraftwerk Svartsengi im Lavafeld Illahraun nördlich vom Grindavík Grindavik mit relativ hoher Geschwindigkeit auf. Das Magma bahnte sich seinen Weg durch die Kruste, nach eineinhalb Stunden Erdbebenaktivität fand der neue Eruptivgang seinen Weg an die Oberfläche, dann begann der Ausbruch.

Auch wenn die Wucht der Eruption laut Geowissenschaftler Magnús Tumi Gudmundsson gestern etwas nachließ, gab das Meteorologische Institut Islands keine Entwarnung für die Menschen vor Ort, denn: Das aus dem Vulkan bei Grindavík südwestlich von Reykjavík aufsteigende Gas könne im Laufe der Nacht auf Mittwoch Richtung Hauptstadt geweht werden. Die Polizei warnte die üblichen „Vulkantouristen“ eindringlich davor, sich im betroffenen Gebiet aufzuhalten. Alle Straßen nach Grindavík würden vorerst geschlossen bleiben, hieß es.

„Dass ihre Intensität etwas nachlässt, ist kein Hinweis darauf, wie lange die Eruption dauern wird, sondern eher darauf, dass sie einen Gleichgewichtszustand erreicht.“, hieß es seitens des Meteorologische Instituts. Bereits in den vergangenen drei Jahren war es im betroffenen Gebiet mehrfach zu Erdbebenserien und Vulkanausbrüchen gekommen, Ausbrüche auf Island sind normalerweise nicht „explosiv“, sondern verlaufen über längere Zeiträume., wie der renommierte Seismologe Wolfgang Lenhardt festhält (siehe dazu auch Interview).

Eurasische und nordamerikanische Erdplatte

Island liegt zwischen der eurasischen und der nordamerikanischen Erdplatte: Die sich in entgegengesetzte Richtungen bewegenden Kräfte führen immer wieder zu Erdbeben und Vulkanausbrüchen. Gut in Erinnerung blieb der Ausbruch des Vulkans Eyjafjallajökull (Aussprache: „Ai-ja-fjah-dla-jo-kudl“), der Hunderte Isländer aus ihren Häusern vertrieb und Auswirkungen auf große Teile von Europa hatte. 10.000 Flüge mussten damals wegen der Aschewolke gestrichen werden. Das dürfte dieses Mal nicht passieren: Der internationale Flughafen Keflavík war gestern noch gut zu erreichen.

Auf sich aufmerksam machte Anfang Dezember auch Europas größter aktiver Vulkan Ätna, 5000 Kilometer vom isländischen Hotspot entfernt: Er spuckte Lava, eine Fontäne stieg bis zu 6000 Meter über Meereshöhe auf und erhellte den Nachthimmel im Osten Siziliens.

Verbreitet, aber wissenschaftlich widerlegt und falsch ist die online umgehende Mär, dass Vulkane die eigentlichen Verursacher des Klimawandels seien: Am CO2-Ausstoß von Vulkanen änderte sich nämlich in Tausenden Jahren nichts – an jenem der Menschheit jedoch sehr wohl.