Schweizer Forschende haben Menschen mit einem dritten Arm ausgestattet. Der zusätzliche Roboterarm lässt sich über die Atmung steuern, ohne die Kontrolle über die beiden normalen Arme zu beeinträchtigen, wie eine neue Studie im Fachblatt „Science Robotics“ zeigt.

Arm könnte zum Hilfsmittel für Menschen mit Behinderung werden

Die am Mittwoch publizierte Studie ist Teil des „Third-Arm Project“ der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne (EPFL), die Menschen mit einem tragbaren Roboterarm ausstatten will, um sie bei alltäglichen Aufgaben zu unterstützen oder Hilfe bei Rettungsaktionen zu leisten. Die Hauptmotivation hinter dieser Studie habe daraus bestanden, das Nervensystem besser zu verstehen, sagte Studienleiter Silvestro Micera in einer Mitteilung der EPFL dazu. „Wenn man das Gehirn herausfordert, etwas völlig Neues zu tun, kann man herausfinden, ob es die Kapazität dazu hat“, so Micera. Es sei also um die Frage gegangen: Ist unser Hirn überhaupt in der Lage, mehr als zwei Arme zu steuern?

„Dieses Wissen kann dann genutzt werden, um zum Beispiel Hilfsmittel für Menschen mit Behinderungen oder Protokolle für die Rehabilitation nach einem Schlaganfall zu entwerfen“, sagte Micera. Um zu sehen, ob das menschliche Hirn dazu in der Lage ist, einen dritten Arm zu bedienen, bauten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zunächst eine virtuelle Umgebung. Mit einer Virtual-Reality-Brille sahen die Testpersonen der Studie zwischen ihrer linken und rechten Hand eine dritte.

Diese dritte Hand hatte, um symmetrisch zu sein, auf beiden Seiten einen Daumen. „Wir haben eine symmetrische Hand gezeichnet, um eine Verzerrung zugunsten der linken oder rechten Hand zu vermeiden“, erklärte Giulia Dominijanni. Um ihren Brustkorb wurde den Testpersonen ein Gürtel geschnallt, der die Bewegungen des Zwerchfells maß. Daraufhin wurden die Benutzer gebeten, mit ihrem mittleren Arm bestimmte Ziele anzugreifen. Die Bewegung des Zwerchfells – und damit die Atmung, die diese Bewegungen auslösten – steuerten die Hand. Die Nutzerinnen und Nutzer lernten sehr schnell, die zusätzliche Gliedmaße zu kontrollieren, wie es von der EPFL hieß, dies auch gleichzeitig mit den beiden natürlichen Händen.

Das System wurde an 61 Personen in über 150 Sitzungen getestet. Die Kontrolle des dritten Arms über das Zwerchfell beeinträchtigte dabei die Fähigkeit der Testpersonen nicht, zusammenhängend zu sprechen. In einem zweiten Schritt testeten die Forschenden die Kontrolle über das Zwerchfell an einem tatsächlichen Roboterarm. Den Testpersonen würde dafür ein vereinfachter Arm angezogen, der aus einem ausfahrbaren Stab besteht. Auch diesen lernten die Testpersonen laut den Forschenden schnell steuern.

In einem nächsten Schritt wollen die Forschenden komplexere robotische Geräte erforschen und dabei verschiedene Kontrollstrategien nutzen, wie die EPFL mitteilte. So wurde in der Vergangenheit beispielsweise bereits versucht, einen dritten Arm mit Ohrmuskeln zu steuern.