Nach einer wegweisenden Entscheidung vom Februar unternimmt die Church of England konkrete Schritte zur Einführung von Segenszeremonien für homosexuelle Paare. Die Generalsynode der anglikanischen Staatskirche sprach sich diese Woche mit 227 zu 203 Stimmen für ein entsprechendes Versuchsprojekt aus. Besonders knapp fiel die Entscheidung des kirchlichen Gesetzgebungsorgans unter den Laien aus – mit 104 zu 100 Stimmen, berichteten Kathpress und Katholische Nachrichtenagentur.

Eine experimentelle Initiative ohne Verpflichtung

Die eigenständigen Feiern für Homosexuelle haben demnach „experimentellen“ Charakter und erfolgen auf freiwilliger Basis. Steven Croft, Bischof von Oxford und Initiator des Projekts, betonte, dass kein Mitglied des Klerus verpflichtet sei, solche Dienste anzubieten. Nach eingehender Prüfung werde in den nächsten Jahren entschieden, ob Homosexuellensegnungen formaler Bestandteil des Kirchenrechts werden könnten.

Ein genauer Zeitpunkt für den Beginn der Testphase ist nicht festgelegt. Dem Vernehmen nach könnten die ersten Feiern dieser Art aber bereits in den nächsten Wochen stattfinden. Der Ablauf soll in vielerlei Hinsicht dem von gewöhnlichen Trauungsfeiern ähneln. Gleichgeschlechtliche Paare in England könnten also bald – begleitet von Musik und Konfettiregen – mit kirchlichem Segen die Ringe tauschen.

Zwiespalt in Fragen der Sexualität und Ehe

Anglikaner-Primas Justin Welby lobte den Beschluss. „Wir haben in einer ausführlichen Debatte über zwei Tage hinweg laut und deutlich gehört, wie tief die Gefühle in der Kirche zu diesen äußerst wichtigen Fragen sind“, so der Erzbischof von Canterbury. Londons Bischöfin Sarah Mullally räumte indes ein, „dass die Kirche von England in Fragen der Sexualität und der Ehe nicht einer Meinung ist“. Dies habe sich bei der jüngsten Abstimmung erneut gezeigt. Es gehe nun darum, konstruktiv mit den Meinungsverschiedenheiten umzugehen.

Die aktuelle Entscheidung knüpft an einen Beschluss der Generalsynode vom Februar an, der international für Aufsehen sorgte. Damals folgten die Delegierten einer Empfehlung der Bischöfe, die einerseits ein Festhalten an der traditionellen Ehelehre vorsah: Die heilige Ehe sei ein Bund zwischen Mann und Frau. Andererseits wurde angeregt, ein „umfassendes seelsorgerisches Angebot“ zu entwickeln, um LGBTQI+-Personen, also Lesben, Schwule, Bi-, Trans-, Intersexuelle, queere sowie Menschen sonstiger Geschlechtsidentitäten, willkommen zu heißen. Zu diesem Zweck sollten – auf freiwilliger Basis – spezielle Gebete, Gottesdienste und Segenszeremonien eingeführt werden. Das stößt vor allem in Afrika auf erbitterten Widerstand. Im April sagte sich das theologisch konservative anglikanische Netzwerk Gafcon (Global Anglican Future Conference) von der Kirche von England und ihrem Oberhaupt Justin Welby los.