Bei einem dramatischen Unfall auf einer Baustelle in der Hamburger Hafencity sind am Montag vier Menschen ums Leben gekommen. In einem Fahrstuhlschacht war ein Gerüst zusammengebrochen und hatte fünf Bauarbeiter mitgerissen. Nur einer konnte gerettet werden. Beim Abtragen der Gerüststangen sei am Nachmittag ein weiterer Toter entdeckt worden, sagte ein Feuerwehrsprecher. Vermisst werde nun niemand mehr.
Zunächst waren drei Tote und ein lebensbedrohlich verletzter Bauarbeiter festgestellt worden. Bisherigen Erkenntnissen zufolge war das in einem Fahrstuhlschacht errichtete Baugerüst am Morgen aus bisher ungeklärter Ursache im achten Stock kollabiert und in die Tiefe gerauscht. Die Trümmer stapelten sich anschließend vom Untergeschoss bis in den zweiten Stock.
Nach Angaben der Feuerwehr sah die Unfallstelle wie ein Riesenmikado aus. Die Gerüststangen seien kreuz und quer in dem Schacht verkantet gewesen und hätten einzeln gesichert und geborgen werden müssen – weshalb die Feuerwehr zunächst über Stunden nicht an die Opfer herangekommen sei. Bis zum frühen Nachmittag waren erst zwei Tote geborgen.
Insgesamt waren rund 150 Rettungskräfte im Einsatz, darunter Höhenretter und ein Technischer Zug der Freiwilligen Feuerwehr. Auf der Baustelle hatten den Angaben zufolge zur Zeit des Unglücks rund 700 Menschen gearbeitet. Die Baustelle sei nach dem Unglück gesperrt worden.
Zur Betreuung der Einsatzkräfte und Augenzeugen wurden Notfallseelsorger hinzugerufen. Auch ein Kriseninterventionsteam war im Einsatz. Innensenator Andy Grote (SPD) sprach den Angehörigen der Opfer sein Beileid aus. „Mein Beileid und meine aufrichtige Anteilnahme gelten allen Angehörigen der Opfer“, schrieb er auf der Plattform X (vormals Twitter).
Das Überseequartier ist Teil der Hafencity, die als Europas größtes innerstädtisches Stadtentwicklungsvorhaben gilt. Auf dem 14 Hektar umfassenden Gelände an der Elbe entstehen ein großes Einkaufszentrum mit vielen Geschäften, Gastronomie, Entertainment, Büros, ein Kreuzfahrtterminal, Hotels und mehr als 1000 Wohnungen. Der nördliche Teil ist bereits seit 2019 fertig, im südlichen Teil laufen die Arbeiten.
Bereits mehrere Unfälle
Auf den Baustellen der Hafencity hat es bereits mehrfach schwere Unfälle gegeben. Erst am 2. September waren vier Arbeiter bei einem ähnlichen Unfall an einer Baustelle an den Hamburger Elbbrücken – unweit der Hafencity – teils lebensbedrohlich verletzt worden. Ein Baugerüst knickte ein und riss die Männer etwa fünf Meter in die Tiefe, wie ein Polizeisprecher sagte. Drei Bauarbeiter im Alter von 27, 35 und 53 Jahren wurden schwer verletzt. Ein 21-Jähriger erlitt lebensbedrohliche Verletzungen. Da zum Unfallzeitpunkt gerade Ebbe herrschte und der Fluss kein Wasser führte, fielen die Bauarbeiter auf das steinige Flussbett.
Am vergangenen 9. Juni waren bei einem Brand auf einer anderen Baustelle im Überseequartier mehrere Gasflaschen explodiert. Von dem zehnstöckigen Rohbau zog eine große Rauchwolke in Richtung Innenstadt. Das Feuer war laut Polizei auf dem Dach des geplanten Einkaufszentrums ausgebrochen – vermutlich beim Verschweißen einer Dachpappe. Beim Versuch, das Feuer zu löschen, wurde ein Kranführer leicht verletzt.
Am 6. April 2020 waren auf einer Baustelle an der Zweibrückenstraße in der Hafencity zwei Arbeiter von herabfallenden Bauteilen schwer verletzt worden. Ein Paket aus 20 bis 30 Schalbrettern, das von einem Kran versetzt wurde, sei vom Haken abgerissen, sagte ein Feuerwehrsprecher.