Die Welt-Synode im Vatikan hat am Samstagnachmittag mit der Abstimmung über die Ergebnisse ihrer ersten vierwöchigen Sitzungsphase begonnen. Rund 350 Teilnehmer, darunter erstmals auch Frauen mit Stimmrecht, waren aufgerufen, einen rund 35 Seiten langen Abschlussbericht zu verabschieden, meldete Kathpress. Votiert wurde abschnittsweise über den finalen Entwurf.
Weltkirche schlägt neue Wege ein
Der Text soll gemeinsame Sichtweisen in der weltkirchlichen Debatte um einen neuen kirchlichen Leitungsstil sowie Vorschläge und offene Fragen für den weiteren Prozess festhalten. Im Oktober 2024 gibt es eine weitere Versammlung der Synode in Rom.
Beherrschender Gegenstand des diesjährigen Treffens war die Frage, welche neuen Wege in der Entscheidungsfindung die katholische Kirche künftig ermöglichen soll. Neben einer spürbaren Dezentralisierung der weltweiten Kirche wurden in den Beratungen eine bessere Einbeziehung der kirchlichen Basis und ein Abbau klerikaler Macht gefordert. Auch der Zugang von Frauen zu kirchlichen Ämtern war ein Thema.
Die im Schlussbericht in 20 Punkten mit jeweils etwa 15 Unterpunkten aufgelisteten Ergebnisse und Vorschläge sollten am Samstagnachmittag einzeln abgestimmt werden. Laut Synodenordnung gelten nur die Punkte als angenommen, die eine Zweidrittelmehrheit an Ja-Stimmen erhalten. Enthaltungen sind nicht möglich. Die Veröffentlichung des Ergebnisses wird für den frühen Abend erwartet.
Erweiterung der Kommunikation und Zusammenarbeit
Die Weltsynode gilt als eines der wichtigsten Projekte von Papst Franziskus (86). Unter den etwa 350 Teilnehmern mit Stimmrecht sind erstmals auch katholische Laien, darunter etwa 50 Frauen. Die große Mehrheit besteht jedoch weiter aus Bischöfen.
Der Papst und sein Synodenbevollmächtigter, der luxemburgische Erzbischof Jean-Claude Hollerich, haben schon vor Beginn der Beratungen deutlich gemacht, dass es in diesem Stadium noch nicht um konkrete Reformern gehen soll. Vielmehr sollten die Katholiken zunächst einmal neue Formen der Kommunikation und des Miteinanders erproben. Dann könne in einem zweiten Schritt gegebenenfalls über mögliche Veränderungen gesprochen werden.
Kardinal Christoph Schönborn bezeichnete die Versammlung im Interview für die „Presse am Sonntag“ als „wie jede Synode anstrengend, aber es war bei Weitem die beste Synode, die ich seit fast 40 Jahren erlebt habe“. Ihm sei „bewusst geworden, dass das Zentrum der Kirche sich von Europa weg verlagert. Die europäischen Bischöfe und auch Laienvertreter waren nicht mehr die Mehrheit. Die Mehrheit ist eindeutig im Süden.“ Und er betonte: „Das wichtigste Ergebnis ist die Synode selbst.“
Die anderen kontinentalen Bischofskonferenzen hätten die Synode „unvergleichlich besser vorbereitet als wir mit unserer europäischen Bischofskonferenz. Polemisch formuliert, und es wird nicht alle freuen: Die ist eine lahme Ente“, erklärte Schönborn. „Uns in der europäischen Bischofskonferenz ist es nicht gelungen, auch nur ein einziges Wort zur Flüchtlingsfrage gemeinsam zustande zu bringen. Das ist eine wirkliche Schande.“ Der deutsche Synodale Weg dagegen stand laut Schönborn nicht im Mittelpunkt der Gespräche, sondern war „unter ferner liefen“. Die Anwesenheit von Laien beurteilte der Kardinal als „äußerst positiv, wohltuend, belebend, erfrischend, direkt und offen. Es hat uns allen sehr gutgetan“.
Ein Marathon des synodalen Prozesses
Die erste Versammlung der Weltsynode sei ein weiterer Zwischenschritt im mehrjährigen synodalen Prozess der katholischen Kirche, sagte der Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenz, Franz Lackner, in einem Interview für das Ö1-Mittagsjournal (Samstag). Der Salzburger Erzbischof betonte, man habe erst die Hälfte eines Marathons absolviert. „Wir sind mittendrin. Wenn mich beim Marathon jemand nach 15 Kilometern fragt “Wie war es denn?', dann sage ich: 'Bitte, nach 42 Kilometern.'„
Lackner, der in den vergangenen vier Wochen zum ersten Mal an einer Bischofssynode in Rom teilnahm, beschrieb die Versammlung von Kirchenleuten aus allen Regionen der Welt im ORF-Gespräch als „einzigartiges Erlebnis“. Dass in der Versammlung gestritten worden sei, verneinte der Salzburger Erzbischof auf Nachfrage. Bei der Synode sei „viel angesprochen worden, es hat keine Redeverbote gegeben“, berichtete Lackner in Rom auch gegenüber der Nachrichtenagentur Kathpress (Samstag).
Auf das Bild eines Marathons griff auch der Präsident der Katholischen Aktion Österreich (KAÖ), Ferdinand Kaineder, am Wochenende in einem ersten kurzen Resümee zu der Synodenversammlung zurück. Erwartungen zu konkreten Beschlüssen seien nicht erfüllt worden. „Aber dafür wird es den Marathon zwei nächstes Jahr geben“, verwies Kaineder in einem Video auf der Plattform Instagram auf die für Herbst 2024 geplante zweite Versammlung der Synode im Vatikan. „Ich denke, dass wir einmal froh sein müssen, dass die verschiedenen Pole, Sichtweisen und territorial ausgeprägten Formen von Kirche zumindest einmal an einem runden Tisch sitzen und einander zugehört haben“, sagte der Präsident der Katholischen Aktion Österreich.