In Island kam es bereits 1975 zu einem Streik für Gleichberechtigung, an dem sich damals rund 90 Prozent der Frauen beteiligten. Damit legten sie nicht nur erfolgreich die Wirtschaft im 370.000-Einwohner-Land lahm, sondern machten auf die Missstände im Wikingerland aufmerksam. Danach kam es in Island zu einer gesellschaftlichen Revolution, die dem Land international eine Vorbildrolle in Sachen Gleichberechtigung einbrachte. Männer blieben erstmals zu Hause, kochten und schauten auf die Kinder. 1980 erreichte die Aktion ihren Höhepunkt, als mit Vigdis Finnbogadottir erstmals eine Frau ins Präsidentinnenamt und somit zum Staatsoberhaupt ihres Landes gewählt wurde.

Gender-Pay-Gap zeigt nicht ganzes Bild

Regelmäßige Wiederholungen von Streiks, in Island kommt es rund alle 5–10 Jahre vor, sorgten auch für eine Verringerung im Gehaltsunterschied zwischen Männern und Frauen. Der Gender-Pay-Gap (Unterschied in den Durchschnittsgehältern von Männern und Frauen) wird mithilfe der Definition von Eurostat, der EU-Statistikbehörde, gemessen. Diese Messung vergleicht im Wesentlichen die durchschnittlichen Stundenlöhne von Männern und Frauen, ohne Faktoren wie Branche oder Bildungsniveau zu berücksichtigen. In Island beträgt der Gender-Pay-Gap etwa 10 Prozent, während der EU-Durchschnitt 2021 bei 12,7 Prozent und in Österreich bei 18,8 Prozent lag. Das Realeinkommen zeigt aber eines anderes Bild: Hier verdienen Frauen in Island um 21 Prozent weniger als Männer.

Premierministerin mitten im Streik

Ein weiterer Fokuspunkt des Streiks war die sexuelle Gewalt gegen Frauen. Über Island werde gesprochen, als ob es ein Paradies für Gleichberechtigung sei. Doch Freyja Steingrimsdottir vom Gewerkschaftsverband stellt klar, dass das Land diesen Erwartungen erst gerecht werden müsse. 40 Prozent der Frauen in Island erfahren sexuelle Gewalt, was nicht das sei, wonach Frauen auf der ganzen Welt streben. Das Motto des Streiks lautete dementsprechend: „Das nennen sie Gleichheit?“ Premierministerin Katrin Jakobsdottir reagierte auf die Kritik an ihrer Person und nahm selbst am Streik teil.