Der Verein DERAD betreut Menschen, die durch radikales Gedankengut auffällig geworden sind. Vor Schwierigkeiten stelle ihn die Beziehung zu Justiz und Verfassungsschutz, vor allem aber die unsichere finanzielle Lage, kritisiert ein Vorstandsmitglied im Gespräch mit der APA. Einen langfristigen Vertrag gebe es trotz entsprechender Ankündigungen nicht, damit rechnet er auch nicht mehr: "Ich glaube das wird sich verschleppen und immer schlechter werden".
Alle Leistungen, die DERAD erbringt, werden auf Honorarbasis abgerechnet. Dazu zählen neben der Betreuung von Personen, die etwa wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung in (U-)Haft sitzen, auch jene auf freiwilliger Basis, etwa wenn Pädagogen oder Eltern sich an den Verein wenden. Eine Grundfinanzierung gibt es nicht. In Wien wird vom Justizministerium ein Zwei-Zimmer-Büro bezahlt, in den Bundesländern sei man auf die Hilfe von anderen, nahestehenden Organisationen angewiesen, um Kliententreffen nicht im Kaffeehaus abhalten zu müssen.
Schwierige Beziehung zu Justiz und Verfassungsschutz
Aus dem Justizministerium heißt es auf APA-Anfrage, rund 80 Prozent der Leistungen von DERAD werden in Haft erbracht, 20 Prozent betreffen Leistungen und Gespräche während der Probezeit nach bedingter Entlassung. Und weiter: "Betreffend den allgemeinen Zukauf externer Deradikalisierungsleistungen, soweit diese über das Leistungsportfolio der vollzugsinternen Fachdienste erforderlich sind, befindet sich eine Ausschreibung der Leistungen über die Bundesbeschaffung GmbH in Vorbereitung, um langfristig die Finanzierung sowie die Qualitätsstandards sicherzustellen."
Was tatsächlich bezahlt werde, hänge jedoch von der jeweiligen Justizanstalt bzw. dem Richter ab. In einigen Justizanstalten werde nur die Zeit des Gesprächs mit dem Klienten zur Arbeitszeit gerechnet, Fahrtweg oder Vorbereitung nicht. Auch würde die "Nachbetreuung" durch DERAD von einigen Richtern nicht übernommen, kritisiert DERAD. Dann würden die Mitarbeiter Einheiten ehrenamtlich ableisten.
Auch die Beziehung zum Verfassungsschutz könnte aus Sicht der Deradikalisierer besser sein. Nahmen Beamte des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung noch regelmäßig an Seminaren von DERAD teil, gibt es mit der Nachfolgeorganisation Direktion Staatsschutz Nachrichtendienst (DSN) keine solche Zusammenarbeit mehr. Das bestätigt auch das Innenministerium gegenüber der APA: "DERAD ist im von der DSN koordinierten BNED (Bundesweites Netzwerk Extremismusprävention und Deradikalisierung) vertreten. Weitere Überschneidungspunkte gibt es nur, wenn DERAD von den Justizbehörden zu einem Fall hinzugezogen wird." Was gut funktioniere, sei hingegen die Zusammenarbeit mit dem Landesamt Staatsschutz und Extremismusbekämpfung Wien.
"Haben nicht verstanden, warum der auf freiem Fuß ist"
Zu den Personen, die von DERAD betreut wurden, zählt neben dem Wien-Attentäter auch jener mittlerweile 18-Jährige, der im September vergangenen Jahres am Wiener Hauptbahnhof im Namen des IS mehrere Menschen töten wollte, letztlich jedoch davon absah. Er wurde schließlich für die Verbreitung von IS-Propaganda verurteilt, der geplante Terroranschlag fand aufgrund des Rückzugs nie den Weg in die Anklage. Nachdem er die Strafe abgesessen hatte, kam er im Mai wieder auf freien Fuß, seit Mitte November sitzt er aufgrund desselben Delikts wieder in U-Haft.
"Wir haben eigentlich nicht verstanden, warum der auf freiem Fuß ist. Aber wir können ihn halt nicht in unser Privatgefängnis sperren", sagt das Vorstandsmitglied im Gespräch über den Burschen. Sieben Treffen fanden mit dem damals noch Jugendlichen von Anfang Juli bis Ende September statt. "Inzwischen scheint der Klient zu DERAD ein größeres Vertrauen zu haben", hält der Verein in einem der APA vorliegenden Bericht fest. Das zeige sich etwa dadurch, dass er seinem Betreuer von "nebensächlichen" Dingen und den Verfehlungen von Personen aus seinem Freundeskreis berichtet habe, heißt es in einem der Berichte. Dennoch, im Sommer fanden Betreuer seiner Einrichtung Veröffentlichungen der "Globalen Islamischen Medien Front", das "Echo des Jihad Zentrum für Medien" wird als Quelle genannt. Auf den Titelbildern waren bewaffnete Kämpfer zu erkennen. Die Bücher hatte er von einem Bekannten aus einer Wiener Moschee bekommen. DERAD-Mitarbeiter hätten daraufhin den Mann aufgesucht und den damals noch 17-Jährigen dazu gebracht, die Bücher zurückzugeben.