Zwischen "Perlen der Liebe" und "Auf und davon" erstreckt sich oftmals nicht nur der Kreislauf des Lebens, sondern auch das Programm des Neujahrskonzert 2023. Das musikalische Großereignis der Wiener Philharmoniker zum Jahresauftakt geht wie gewohnt am 1. Jänner im Goldenen Saal des Musikvereins über die Bühne - mit Franz Welser-Möst am Pult und nun wieder ohne Coronaeinschränkungen.
"Wir freuen uns sehr, dass wir endlich wieder vor vollem Haus spielen können", unterstrich Philharmoniker-Vorstand Daniel Froschauer bei der Präsentation am Donnerstag. Schließlich trage das Neujahrskonzert in sich eine "Friedensbotschaft und eine Botschaft der Liebe". Dabei wird 2023 ein Jahr der Neuerungen. Schließlich sind 14 der 15 Werke zum Beginn des neuen Jahres erstmals in diesem Rahmen zu hören. Lediglich der Walzer "Aquarellen" von Josef Strauß war 2002 unter Dirigent Seiji Ozawa schon einmal Teil des Programms.
Die Entdeckungsreise
"Die Vorbereitung auf das Neujahrskonzert ist eine Entdeckungsreise", unterstrich Franz Welser-Möst, der in der Recherche auf viele noch unbekannte Schätze aus der Strauß-Dynastie und ihrem Umfeld stieß. Sein persönlicher Favorit sei dabei der beinahe als Tondichtung zu verstehende Walzer "Perlen der Liebe" von Josef Strauß, gestand Welser-Möst, der nach 2011 und 2013 die Philharmoniker zum dritten Mal durch ein Neujahrskonzert führen wird. Entsprechend wachse die Vorfreude: "Ich fühle mich wie ein Kind, bevor das Christkind kommt."
Was bei aller Neuerung auch 2023 gleich bleibt, ist die große Dominanz der Strauß-Familie zum Jahresbeginn. Von Eduard Strauß' Polka "Auf und davon" über Johann Strauß' "Zigeunerbaron-Quadrille" bis hin zu Josef Strauß' "Heldengedichte" erstreckt sich der neue, neujahrskonzertlich noch unerschlossene Klangkosmos. Aber man muss wohl kein allzu großer Prophet sein, um zu prognostizieren, dass mit dem "Donauwalzer" und dem "Radetzky-Marsch" zum Abschluss Vertrautes erklingen wird.
Debüt für Mädchenchor
Neues gibt es indes an der Genderfront, werden 2023 doch erstmals in der Geschichte beim Neujahrskonzert neben den Wiener Sängerknaben auch die Wiener Chormädchen mit von der Partie sein - die 2004 ins Leben gerufene, weibliche Fraktion des Traditionschores. Die Dirndln tragen dabei Uniform oder besser gesagt ein maritim inspiriertes, zum Matrosenanzug passendes Gewand, wenn sie gemeinsam mit den Sängerknaben Josef Strauß' "Heiterer Muth" intonieren.
Wann indes eine Frau auch am Pult den Neujahrsvormittag im Musikverein mitgestalten wird, steht indes noch in den Sternen. "Wir werden eine weibliche Dirigentin haben, wenn die Zeit kommt", ließ sich Philharmoniker-Vorstand Froschauer auf Nachfrage noch nichts Konkretes entlocken. Franz Welser-Möst hingegen betonte, dass es hierbei nicht auf das Geschlecht, sondern die Erfahrung ankomme, die man mit dem Orchester gesammelt habe: "Das ist eine künstlerische Frage, keine politische." Denn für ein Neujahrskonzert gelte schlicht: "Das ist das Komplexeste, das man dirigieren kann." Hier komme es wie bei Comedy extrem auf das Timing an.
Übertragung in 100 Länder
15 ORF-Kameras lichten dieses musikalische Großereignis ab 11.15 Uhr ab, das in knapp 100 Ländern weltweit ausgestrahlt wird und für das die Wiener Stadtgärten den Goldenen Saal wieder in ein Blumenmeer verwandeln. Für die TV-Regie zeichnet zum siebenten Mal Michael Beyer verantwortlich, freute sich dabei ORF-Generaldirektor Roland Weißmann.
Der Pausenfilm, der heuer wieder in rund 70 der übertragenden Länder zu sehen und damit eines der erfolgreichsten heimischen Filmwerke sein dürfte, kommt 2023 von Barbara Weissenbeck und Nicholas Pöschl. Das Regieduo widmet sich in seinem viertelstündigen Werk dem Jubiläum der Wiener Weltausstellung von 1873. Dafür lässt man virtuell das Ausstellungsgelände im Prater rund um die Rotunde, damals der größte Kuppelbau der Welt, wiederauferstehen - und hat mit Welser-Möst und Vertretern der Philharmoniker auch prominente Schauspieleleven zum Mitmachen überredet.