Mitten in der Coronakrise hat der Linzer Stahlkonzern Voestalpine im Geschäftsjahr 2021/22 einen Rekordgewinn von 1,3 Milliarden Euro erzielt. Im Jahr davor waren es nur 31,7 Millionen Euro gewesen. Die Dividende soll nun von 0,5 auf 1,2 Euro je Aktie angehoben werden.
"Der Krieg in der Ukraine hat das wirtschaftliche Sentiment in Europa doch deutlich getrübt", so Konzernchef Herbert Eibensteiner.
Die Voest bezog bisher wichtige Rohstoffe aus den beiden Ländern – Eisenerz aus der Ukraine, Gas und Kohle aus Russland. Der Konzern hat sich umorganisiert, bezieht keine Kohle mehr aus Russland und nur noch "gewisse Mengen" Eisenerz-Pellets aus der Ukraine.
Einzig beim geplanten Gasausstieg der EU-Länder als Sanktion gegen Russland wird es schwierig: "Ein Gasembargo wäre für die Voestalpine und wahrscheinlich für die gesamte europäische Industrie ein sehr schwieriges Thema", so Eibensteiner. Das russische Gas soll, so der Konsens in der EU, in den nächsten Jahren durch andere Quellen ersetzt werden. "Das werden wir natürlich mittragen", streicht der Voest-Chef hervor. Österreich deckt rund 80 Prozent seines Bedarfs mit Lieferungen aus Russland. "Alle Bestrebungen in Europa gehen dorthin, dass wir uns vom russischen Gas unabhängiger machen, aber der Gasbedarf wird hoch bleiben."
In vergangenem Geschäftsjahr habe die Voestalpine "das beste Ergebnis in der Konzerngeschichte" verbucht. "Wir verzeichnen ein All-Time-High bei Umsatz, Ergebnis und Eigenkapital", so Eibensteiner. Das Eigenkapital habe erstmals sieben Milliarden Euro überstiegen (Vorjahr: 5,7 Milliarden Euro). In den vergangenen drei Jahren hatte der Konzern auch seine Entschuldung im Fokus: Die Nettofinanzverbindlichkeiten sanken von rund 2,7 auf 2,3 Milliarden Euro. Das Gearing (Nettoverschuldung in Relation zum Eigenkapital) verbesserte sich von 48,5 auf 32,4 Prozent.
Das Rekordhoch beim Umsatz zeige, "dass wir doch weitgehend ungestört produzieren konnten", sagt der CEO. Der Umsatz legte 2021/22 um knapp 37 Prozent von 10,9 auf 14,9 Milliarden Euro zu. Beim Umsatzplus von vier Milliarden Euro war laut Finanzvorstand Robert Ottel "60 Prozent preisbedingt und 40 Prozent mengenbedingt". Trotz eines herausfordernden Umfelds, das von der weltweiten Covid-19-Pandemie, Lieferkettenproblemen, massiv gestiegenen Rohstoff- und Energiekosten und zuletzt von den Auswirkungen des Russland-Ukraine-Krieges geprägt gewesen ist, blieb unter dem Strich ein Gewinn pro Aktie von 7,28 Euro.
Und auch das Sorgenkind Texas ist weg: "Wir haben das 'Signing' für den Verkauf der Voestalpine Texas an ArcelorMittal abschließen können", so der Konzernchef.
Im abgelaufenen Geschäftsjahr verdoppelte sich das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) noch auf 2,3 Milliarden Euro. "Das EBITDA zeigt, dass es uns gelungen ist, die hohen Rohstoff- und Energiekosten am Markt unterzubringen", resümiert Eibensteiner. Dieser Wert dürfte heuer aber angesichts des unsicheren globalen Umfelds inklusive Lieferkettenprobleme nicht zu halten sein.
Trotz gut gefüllter Auftragsbücher bis in den Sommer hinein rechnet die Unternehmensführung für das laufende Geschäftsjahr 2022/23 mit einem Rückgang des EBITDA auf 1,8 bis 2 Milliarden Euro, "wenn es keine zusätzlichen Ausprägungen dieser Unsicherheitsfaktoren geben wird", schränkte der CEO ein. Grund ist die weltweite Konjunkturabkühlung.
Der globale Chipmangel und die Kabelbaumproblematik haben die Automobilindustrie als wichtigen Kunden der Voest scharf ausgebremst. "Die Produktion in Europa läuft derzeit bei etwa zwei Drittel des Vorkrisenniveaus", sagt Vorstand Peter Schwab. Noch schlimmer ist die Situation in Deutschland: "Dort sind wir vom Peak-Niveau um etwa die Hälfte weg und fast auf dem Niveau von 1974/75, den Jahren der Ölpreiskrise."
Die Voestalpine beschäftigt weltweit 50.225 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, 22.500 davon in Österreich.