Die ÖVP ist erbost über "rote Scheinheiligkeit" - für die es laut Generalsekretärin Laura Sachslehner zahlreiche Indizien gibt. Sie hat nach den NEOS, bei denen sie zuletzt Transparenz vermisst hat, am Montag auch die SPÖ ins Visier genommen. Diese kämpfe nun etwa ebenfalls mit Vorwürfen in Sachen Umfragen, berichtete sie. Zudem gehe man im SPÖ-regierten Wien nicht in jener Form gegen die Teuerung vor, wie es die SPÖ im Bund fordere, beklagte Sachslehner.
Laut der ÖVP-Politikerin prüft die Staatsanwaltschaft derzeit einen Anfangsverdacht, in dem es um vergleichbare Anschuldigungen gehe, die von der SPÖ gegen die Volkspartei "auf böswilligste Art und Weise" erhoben würden. Grundlage sei die Aussage der Meinungsforscherin Sabine Beinschab, die als Beschuldigte in der Inseraten-Affäre angab, keinen direkten Kontakt zu Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) gehabt zu haben. Die ÖVP, so beteuerte sie in einer Pressekonferenz, habe die Vorwürfe hingegen ausräumen können.
Aktuell wird zwar gegen die Volkspartei bzw. gegen eine Reihe von - zum Teil ehemaligen - Funktionären und Mitarbeitern noch ermittelt. "Ich bin aber zuversichtlich, dass die Ermittlungen bald eingestellt werden", sagte Sachslehner. Im Zentrum der Causa steht der Vorwurf, dass Partei-Umfragen über Scheinrechnungen mit Steuermitteln finanziert wurden. Beinschab betonte in ihrer Befragung auch, "dass es mir bei mehreren Studien schon bei der Beauftragung, der Durchführung und der Verrechnung ans BMF bewusst war, dass das nicht in Ordnung ist, wenn das BMF diese zahlt."
Die Sozialdemokratie habe zudem dem dritten Antiteuerungspaket nicht zugestimmt, kritisierte Sachslehner. Auch dies sei ein Zeichen von Scheinheiligkeit, da in Wien, wo die SPÖ selbst in Verantwortung sei, mit Entlastung gegeizt werde. Das Valorisierungsgesetz zu Gebührenerhöhungen oder die geplanten Preissteigerungen bei der Fernwärme würden zeigen, dass eher das Gegenteil der Fall sei.
Teure Werbung
Großzügig sei die SPÖ nur zu sich selbst, wobei Sachslehner etwa die - ihrer Ansicht nach zu geringe - Miete für die Parteizentrale in der Löwelstraße oder die Subvention für das Donauinselfest ins Treffen führte. Außerdem gebe die Stadt Wien jedes Jahr 19 Euro pro Kopf für Inserate aus, kritisierte Sachslehner.
Einiges davon wird auch verwendet, um SPÖ-nahe Blätter zu finanzieren: so inserierte die Hauptstadt letztes Jahr für 51.770,40 Euro im Magazin des SPÖ-nahen Pensionisten Verbands Österreichs. 18.437,76 Euro flossen aus dem Rathaus in "Unsere Brigittenau" - ein Magazin über Wiens 20. Gemeindebezirk, das vor allem rote Erfolge feiert und das von der SPÖ auf ihrer eigenen Seite präsentiert wird.
Scheinheiligkeit, Alkohol und Psychopharmaka
Kritik übte Sachslehner auch daran, dass die Stadt in ihren Kampagnen Slogans verwende, die auch von der Partei benutzt worden seien. So habe die Stadt etwa zwei Jahre nach der Landespartei den Spruch "#wienliebe" verwendet. "Sie sehen, die Scheinheiligkeit zieht sich durch", konstatierte Sachslehener.
"Wien-Liebe" lautete übrigens auch der Name einer Initiative aus dem Dezember 2020 von Ex-ÖVP-Wien-Obmann Gernot Blümel. Sie sollte Wienerinnen und Wiener zum shoppen in der Hauptstadt anregen. Die Wiener Wirtschaftskammer informierte im selben Jahr unter "#wienliebe": "Wer Wien liebt, kauft in Wien ein".
Kein Verständnis hat die türkise Generalsekretärin für Kritik an Bundeskanzler und ÖVP-Chef Karl Nehammer. Der hatte beim VP-Parteitag in Tirol befunden: "Wenn wir jetzt so weitermachen, gibt es für euch nur zwei Entscheidungen nachher: Alkohol oder Psychopharmaka". Gemeint war ein Gegensteuern gegen die Inflation. "Das war ein eher launiger Spruch." Bei einem Parteitag dürfe man nicht jedes Wort auf die Waagschale legen, hielt Sachslehner fest.