"Ich glaube nicht, dass Männer von Natur aus aggressiv sind. Was sie aggressiv werden lässt, ist Macht, zu viel Macht. Diese Macht korrumpiert – und nicht das Geschlecht." So sprach Alice Schwarzer bereits vor Jahren – ob das Zitat auch auf Kriegstreiber und ihre verabscheuungswürdigen Befehle gemünzt ist, bleibt offen. Klar ist: Die "Emma"-Herausgeberin, 1942 in Wuppertal geboren, hielt mit ihrer Meinung nie hinter dem Berg. Ihr Kampf für Gleichberechtigung der Geschlechter wurde Lebensaufgabe und ist, wie diese Welt zeigt, noch lange nicht von Erfolg gekrönt.
Nun ist die Publizistin und Feministin eine der bekanntesten Unterzeichnerinnen eines umstrittenen Offenen Briefes zum Ukraine-Krieg an Deutschlands Kanzler. Darin zu lesen: Die Forderung an Olaf Scholz, sich für einen baldigen Waffenstillstand in der Ukraine einzusetzen, aber auch die Verurteilung deutscher Waffenlieferungen. Vor allem letztere Botschaft kam nicht überall gut an: Das seit weltfremder "Sofa-Pazifismus", der noch kein Leben vor Putins Invasorenhorde rette, mahnen Kritiker.
Schwarzer, seit jeher Frau mit Ecken und Ansichten, bleibt bei den Standpunkten im Offenen Brief, betonte jetzt aber gegenüber dem "Standard": "Unser Anliegen ist ein schnellstmöglicher Stopp des Krieges in der Ukraine, der das Land täglich mehr verwüstet und immer mehr Vergewaltigungsopfer und Tote fordert." Es gelte zudem, "die Überschreitung der roten Linie zum Atomkrieg absolut zu vermeiden." Darin dürfte ihr im Unterschied zur weiter hitzig diskutierten Ablehnung von Waffenlieferungen aus Deutschland kein Mensch mit Basisausstattung an Vernunft, Moral und Humanitas widersprechen.
Fünf von sechs Deutschen kennen Schwarzer – im Unterschied zu anderen war die Streitbare stets eine, die auch laut ausspricht, was sie denkt. Wie unter Frauen Welten kollidieren können, zeigte nun die Diskussion zwischen Schwarzer und Ex-Außenministerin Ursula Plassnik in der "ZiB 2".