Der russische Präsident Wladimir Putin will nach eigenen Worten "eine neue Welt errichten". Der Kremlchef stellte am Donnerstag beim politischen Valdai-Forum in der russischen Schwarzmeerstadt Sotschi die russische Offensive in der Ukraine in den Zusammenhang mit einer "Hegemonie" des Westens. "Wir stehen im Wesentlichen vor der Aufgabe, eine neue Welt zu errichten", sagte Putin.
Dem Westen warf der russische Staatschef vor, dass sein Handeln seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion von "Arroganz" geprägt sei. "Die USA und ihre Satelliten haben den Weg der Vorherrschaft eingeschlagen", kritisierte Putin. Außerdem brauche der Westen "immer noch einen Feind, mit dem er den Kampf mit Gewalt und Expansionismus rechtfertigen kann".
Die russische Offensive ist daher nach Putins Interpretation "kein territorialer Konflikt", sondern diene der Festlegung der "Grundsätze, auf denen die neue Weltordnung begründet wird". "Wir haben keinerlei Interesse daran, Territorien zurückzuerlangen", versicherte der Kremlchef, der allerdings nach der Krim-Annexion 2014 im September 2022 vier ukrainische Regionen für annektiert erklärt hatte.
"Krieg dauert schon seit zehn Jahren"
"Der Krieg, der von dem Kiewer Regime mit der aktiven Unterstützung des Westens begonnen wurde, dauert schon seit zehn Jahren an", legte Putin seine Sicht der Dinge dar. "Die militärische Spezialoperation wurde gestartet, um ihn zu stoppen."
Putin warf dem Westen überdies vor, China zu verteufeln und "ein feindliches Umfeld für Muslime zu schaffen". "Sie versuchen, allen ein Feind-Image zu verleihen, die nicht bereit sind, den westlichen Eliten zu folgen", sagte er. Die Zeiten, in denen der Westen anderen Ländern seinen Willen aufzwingen könne, wie zu Zeiten des Kolonialismus, seien aber "seit Langem vorbei" und kämen "niemals" zurück.
Moskau kritisiert seit Jahren, dass die Nato-Osterweiterung Russland in seiner Existenz bedrohe. Den Einmarsch in die Ukraine rechtfertigt Russland damit, dass das Nachbarland darauf hingearbeitet habe, ebenfalls dem westlichen Militärbündnis beizutreten. Kiew wirft Moskau hingegen Imperialismus und die Absicht vor, sich mit seiner Offensive ukrainisches Gebiet anzueignen.
"Bisher schlagen wir uns gut"
Zum Stand der seit mehr als eineinhalb Jahren andauernden militärischen Auseinandersetzung mit der Ukraine sagte Putin am Donnerstag, Russland werde gut mit den Herausforderungen fertig. "Bisher schlagen wir uns gut", versicherte er. Er habe "Grund zu der Annahme", dass dies auch künftig der Fall sein werde.
Putin berichtete über die Entwicklung eines nuklearbetriebenen Marschflugkörpers. Das Geschoss mit dem Namen Burewestnik (deutsche Übersetzung: Sturmvogel) sei einem "letzten erfolgreichen Test" unterzogen worden, sagte er. Putin meinte zudem, dass die Arbeiten an der neuen, mit Atomsprengköpfen bestückbaren Interkontinentalrakete vom Typ Sarmat "faktisch abgeschlossen" seien. Diese war vor einigen Wochen in den Dienst gestellt worden.
Ein Wegbrechen der westlichen Hilfe für die Ukraine erwartet Putin unterdessen nicht. Die Unterstützung werde fortgesetzt und zu einer weiteren Verschlechterung der Wirtschaft und der Lebensstandards in den westlichen Staaten führen, sagte er. Schon jetzt gibt es nach Darstellung von Putin eine Rezession in Europa. Ohne die westlichen Milliardenhilfen und Waffenlieferungen sei die Ukraine nicht überlebensfähig. "Stellen Sie sich vor, die Lieferungen enden morgen, dann überlebt sie nur eine Woche."
Zugleich betonte Putin, dass die russische Wirtschaft mit dem ökonomischen Druck durch die eigenen Rüstungsausgaben zurechtkommen werde. "Wir kommen zurecht, und ich habe Grund zur Annahme, dass wir auch künftig zurechtkommen werden", sagte Putin vor Experten aus rund 40 Ländern. Er bezeichnete Russlands Staatshaushalt als "gesund".