Verbaute Naturjuwele, versiegelte Äcker, neue Gewerbegebiete auf Kosten lebendiger Ortskerne: Österreich geht seit Jahrzehnten falsch und verschwenderisch mit seinen wertvollen Böden um. In diesem Jahrtausend liegt der Bodenverbrauch im Schnitt bei über 100 Quadratmetern pro Minute. Mit zwölf Hektar pro Tag ist er fünf Mal höher als das Nachhaltigkeitsziel der Bundesregierung. Das alles ist kein Zufall, sondern liegt vor allem an schwachen Gesetzen, einer mutlosen Politik und einer zahnlosen Raumordnung. Hier spielen die Gemeinden aufgrund ihrer Widmungskompetenz eine Schlüsselrolle. Zusätzlich erhalten sie via Kommunalsteuer und Finanzausgleich insgesamt mehr Geld, wenn sie Grünräume verbauen. Ein absurdes, geradezu fahrlässiges System.
Die Kompetenzverteilung stammt noch aus den 1950er-Jahren – einer Zeit, in der von der Klimakrise und dem Verlust der biologischen Vielfalt noch keine Rede war. Heute wissen wir, dass der Bodenverbrauch massive ökologische Folgen hat. Durch die Versiegelung mit Beton oder Asphalt gehen überlebenswichtige Bodenfunktionen verloren. Regenwasser fließt schneller ab und füllt die Grundwasser-Vorräte weniger auf. Versiegelte Flächen erhöhen das Risiko für fatale Überschwemmungen und Hitzestau im Sommer. All das belastet nicht nur die Umwelt, sondern hat für die gesamte Gesellschaft hohe Folgekosten, während nur einige wenige profitieren. Denn zum Flächenfraß-System gehören auch fragwürdige Umwidmungen und Affären, wie sie aktuell diskutiert werden.
Was also tun? Als Erstes müssen wir ohne Tabus diskutieren, wie wir die Treiber des Bodenverbrauchs eindämmen können. Dazu zählt eine faire Ökologisierung der Raumordnung und des Finanzausgleichs, verbunden mit einem Abbau umweltschädlicher Subventionen. Parallel braucht es eine Reform der Kompetenzen. Zentral dafür ist ein bundesweites Bodenschutzgesetz mit übergeordneten Zielen und Maßnahmen – regional ausgeführt von den Bundesländern. Gemeinderat und Bürgermeister sollen bei Widmungsplänen zwar weiter mitbestimmen, aber eben nicht mehr allein entscheiden. Mehr Transparenz und Kontrolle sowie eine Zusammenarbeit über Länder- und Gemeindegrenzen sind ein Gebot der Stunde.
All das ist nicht einfach, aber es lohnt sich: Mit einem vernünftigen Paket würden wir nicht nur den Flächenfraß eindämmen, sondern mehr Fairness und Vertrauen in die Politik schaffen. Letztlich würden davon gerade jene Bürgermeister profitieren, die täglich für die Bevölkerung unterwegs sind.
Der Gemeinderat, der für Widmungen im Gemeindegebiet zuständig ist, ist seinen Bürgerinnen und Bürgern verantwortlich. Wer soll sich sonst um Entwicklung und Fortkommen der Gemeinde kümmern, Visionen und Pläne entwickeln und auf die Zukunft der Gemeinde Rücksicht nehmen? Nur die Menschen und deren gewählte politische Mandatare in der Gemeinde haben genaue Kenntnisse von den Gegebenheiten vor Ort und Wissen über oft jahrzehntelang bestehende Entwicklungsabsichten.
Es liegt also in der ureigensten Verantwortung der Gemeinde, die öffentlichen Interessen vor Ort zu wahren und Widmungswünschen nur dann nachzukommen, wenn sie letzten Endes für die Allgemeinheit positiv sind. Die Arbeit des Gemeinderates und seiner beigezogenen Experten wird vom Land als Aufsichtsbehörde geprüft. Erst nach erfolgter Prüfung werden die Flächenwidmungspläne von der Landesregierung genehmigt.
Als Bürgermeister möchte ich mir nicht vorstellen, dass einzelne Beamte der Landesverwaltung über die Entwicklung der Gemeinde – über die Köpfe des Gemeinderates hinweg – entscheiden. Die nächsthöhere, demokratisch legitimierte politische Instanz wäre der Landtag. Wäre dieser allein für Widmungen zuständig, müssten diese durch eine massiv vergrößerte Landesverwaltung ausgearbeitet und vom Landtag beschlossen werden. Eine Riesenbürokratie wäre die Folge. Ob dann weniger Lobbyismus stattfindet als auf örtlicher Ebene, wage ich zu bezweifeln.
Was es sicher braucht, sind klarere Vorgaben und Regelungen seitens des Landes, die im Genehmigungsverfahren ernsthaft durchgesetzt werden. Eine überörtliche, regionale Raumplanung ist auch für größere Gewerbe- bzw. Industriegebiete sinnvoll. Selbstverständlich wäre es auch ein Gebot der Fairness, eine Widmungsabgabe in entsprechender Höhe für die Wertsteigerungen nach einer Umwidmung einzuführen.
Eines der größten Probleme der Gemeinden sind bestehende Widmungen aus den letzten Jahrzehnten, die nicht mehr sinnvoll sind. Rückwidmungen sind aber sehr schwierig oder nur mit hohen Entschädigungszahlungen erreichbar. Angesichts aktueller Herausforderungen bezüglich Demografie, Klimawandel, Bodenversiegelung, Umweltgefährdungen etc. wäre es dringend notwendig, gesetzliche Voraussetzungen zu schaffen, um Rückwidmungen von nicht verwendetem Bauland leichter möglich zu machen! Dies wäre der größte Beitrag für eine Reduktion des hohen Flächenverbrauches und für eine zukunftsfähige Gesamtentwicklung.