Auf den ersten Blick schaut es fast nach der Werbestrategie eines Streaminggiganten aus: rund 50 Cent pro Tag und Haushalt für vier TV-Sender, zwölf Radiosender und digitale Angebote und das für ein ganzes Jahr. Das Motto: „Programm für dich und mich und alle“. Der größte Haken daran, man kann sich weder dafür noch dagegen entscheiden, denn Anfang 2024 wird die Haushaltsabgabe mit 15,30 Euro plus Länderabgabe (statt 18,59 Euro) eingeführt. Dem ORF fällt also noch mehr als bisher zu, eine Rolle zu erfüllen, die unmöglich ist: jene der Eier legenden Wollmilchsau. Die Haushaltsabgabe sei kein „Ruhekissen“, sagte ORF-Generaldirektor Roland Weißmann am Dienstag bei der Programmpräsentation, sondern vielmehr „Ansporn und Verpflichtung“. Der Anspruch: „Programmangebote, die möglichst vielen Menschen in Österreich Identifikation und Anknüpfung bieten“.
Um mit einem ORF-Klassiker zu fragen: „Was gibt es Neues?“ Mehrere neue Sendungen im Bereich der Diskussionsformate zeigen, dass der ORF hier Aufholbedarf hat: Auf ORF 1 will man bei der Publikumsteilhabe vermehrt Schwerpunkte setzen: In „Fightclub“ sollen Bürgerinnen und Bürger zu Wort kommen. Beim interaktiven Diskussionsformat „Brennpunkt live“ rücken gesellschaftspolitische Themen in den Fokus und einen TV-Ableger gibt es für die Ö 3-Call-in-Sendung „Frag das ganze Land“.
Vor allem Älteren dürfte die neue Sendung „ZIB Magazin XLarge“ einen Schmunzler entlocken. So will man im Hauptabendprogramm auf ORF 1 „Themen, die das Land bewegen“ behandeln und „so manchem Trend auf den Grund gehen.“ Angesprochen werden soll eine jüngere Zielgruppe, aber ein Musik- und Popkulturmagazin wie früher wird es nicht werden. Jüngere will man mit der „ZIB“ auf YouTube erreichen. Mit einem eigenen Magazin sollen nächstes Jahr die ORF-Korrespondenten eine eigene Plattform bekommen. Große Info-Schwerpunkte wird es auch zum nächstjährigen Superwahljahr (US-Wahl, Nationalratswahl, mehrere Landtagswahlen) geben.
Der Großteil der bekannten Magazine – von „Im Zentrum“ über die „Pressestunde“, „Thema“, „Report“, „WELTjournal“, „Kulturmontag“ oder „Eco“ – bleiben erhalten. Als „beliebte Programmsäulen“ bezeichnet das ORF-Programmdirektorin Stefanie Groiss-Horowitz. Vieles bleibt also, wie es ist. Und auch bewährte Klassiker wie „Landkrimi“, „Tatort“ und „Universum“ bleiben natürlich im Programm.
Die größte Innovation, die ohnehin überfällig war, wurde durch das ORF-Gesetz nun möglich: Die TVthek wird zur Streamingplattform „ORF On“, auf der die Inhalte künftig länger als nur sieben Tage abrufbar bleiben – von einem halben Jahr bis unbegrenzt. Wie bei anderen Sendern längst üblich, sollen künftig ausgewählte Sendungen dort bereits einen Tag vor der Ausstrahlung abrufbar sein. Für Kinder wird es auf der Plattform ein eigenes, durchgehendes Streamingangebot geben. Mit Jahresbeginn wird allerdings erst eine Betaversion online gehen, von der man sich Feedback von den Nutzerinnen und Nutzern erhofft. Das neue Flaggschiff segelt zu Jahresbeginn auf halbmast ins neue digitale Zeitalter.
Bezüglich eigener digitaler Online-Only-Formate hielt sich der ORF-Chef noch bedeckt. Im Entertainmentsektor setzt man im Frühjahr mit „Die große Chance“ auf Altbewährtes, „Dancing Stars – Das Casting“ soll wie berichtet 2024 einläuten, was 2025 kommt.
Neu ist „Clever – Die Wissensshow“, in der zwei Teams gegeneinander antreten. Im Sommer will man mit „Es wird heiß – Die großen Grillmeisterschaften“ den heimischen Grillmeister ermitteln. Fans von Maschek dürfen sich freuen: Das Duo wird einmal monatlich einen Blick auf das Weltgeschehen werfen. Im Herbst läuft eine True-Crime-Dokureihe über Jack Unterweger. Und im Serienbereich setzt man mit „Schnee“ auf prominent besetzten Mystery-Stoff mit Brigitte Hobmeier. „School of Champions“ handelt von einem Elite-Ski-Internat und in „Biester“ wird die Welt zwischen Arm und Reich ausgeleuchtet. Mit „Ein Sommer in...“ kommen künftig im Samstag-Vorabend auch die Landesstudios zum Zug.
Von der Fußball-Europameisterschaft der Herren werden 20 Spiele gezeigt. Der Rest ist bei ServusTV zu sehen. Auf APA-Nachfrage erklärte Groiss-Horowitz, dass ServusTV als Hauptlizenznehmer die Fußballspiele des ÖFB-Nationalteams zeigen werde - so es sich qualifiziert.