Aktivisten haben unter Buh- und "Raus"-Rufen anderer Aktionäre den Beginn der OMV-Hauptversammlung am Mittwoch für mehrere Minuten gestört. Sie kritisierten, dass die OMV im Vorjahr 5,2 Milliarden Euro Gewinn schrieb, während sich viele Menschen das Heizen nicht mehr leisten könnten, und forderten den Ausstieg aus Öl und Gas. Aufsichtsratschef Mark Garrett verwies auf die Redezeit, die jedem Aktionär zusteht. Bei der zweiten Störung wurden die jungen Menschen des Saals verwiesen.
Die erste Präsenz-Hauptversammlung der OMV seit der Coronapandemie fand in der Messe Wien unter strengen Sicherheitsvorkehrungen statt. Für einen störungsfreien Ablauf der waren Sicherheits- und Taschenkontrollen angeordnet. Die Aktivisten hatten es dennoch geschafft, Transparente mitzunehmen, auf denen sie die Enteignung des teilstaatlichen Ölkonzerns forderten.
Geklebt wurde nicht
Vor dem Messegelände fand eine Kundgebung mehrerer Nichtregierungsorganisationen (NGOs) statt. "Attac", "Jugendrat" und "System Change not Climate Change" demonstrierten gegen die Geschäfte der OMV. Greenpeace verteilte als OMV-Infomaterial getarnte Flyer, mit kritischen Fragen, die die Aktionäre auf der HV stellen sollen. Klebeaktionen der "Letzten Generation" gab es nicht.
Die OMV stieß 2022 laut ihrem Nachhaltigkeitsbericht 10,9 Millionen Tonnen Kohlendioxid und 20.000 Tonnen Methan aus und zählt damit neben der voestalpine und der Wien Energie zu Österreichs größten CO2-Emittenten. Rechnet man die Treibhausgasemissionen dazu, an denen die OMV indirekt beteiligt ist – etwa beim Verbrennen von Diesel und Benzin in Autos oder Kerosin in Triebwerken –, beliefen sich die Emissionen 2022 auf 132,8 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente.
"Kein Zurück mehr"
Auch die Aktionäre nehmen die Strategie der OMV kritisch unter die Lupe. OMV-Chef Alfred Stern erklärte in der Hauptversammlung, dass sich die Elektrifizierung der Industrie und im Verkehr beschleunige und dies die Nachfrage nach Öl insbesondere in der EU und Industriestaaten dämpfen werde. Die OMV habe den Weg zu einem nachhaltig profitablen Geschäftsmodell begonnen und es gebe kein Zurück mehr. Der Konzern setzt unter anderem auf das Heizen mit Geothermie anstelle von Erdgas.
Die OMV-Aktionäre stimmen am Mittwoch auch darüber ab, ob sie Ex-Vorstandschef Rainer Seele die Entlastung erteilen. Die Stimmen der beiden Kernaktionäre – der Staatsholding ÖBAG und des staatlichen Ölkonzerns von Abu Dhabi Adnoc – reichen dafür aus. Im Vorjahr war Seele das Misstrauen ausgesprochen worden. Nach einer Sonderprüfung, die kein "einklagbares Fehlverhalten" ergab, empfahl der Aufsichtsrat aber die Entlastung.
Seele wird unter anderem vorgeworfen, mehrfach gegen die Compliance-Regeln des Konzerns verstoßen zu haben sowie die OMV zu sehr an Russland gebunden zu haben. Stern verteidigte Seeles strategische Weichenstellungen. Er sei "kein Fan davon, den Rainer Seele jetzt dafür zu verurteilen, dass er das gemacht hat. Weil zu dem Zeitpunkt waren das betriebswirtschaftlich gesehen vernünftige Entscheidungen."