Exakt 3164 Schlichtungsfälle und 8700 Anfragen wurden im Vorjahr vom Team der Internet Ombudsstelle in Wien bearbeitet – um zehn Prozent mehr als im Jahr davor. Topthemen sind Streitigkeiten rund um das Widerrufsrecht, um ausbleibende Lieferungen und Gewährleistung. Es geht um Fake-Shops, also Internet-Geschäfte, die es gar nicht gibt. Es geht um Abo-Fallen. Es geht auch immer öfter um unerwünschte Veröffentlichungen von Porträtfotos.
Längst haben die Beschwerdegründe nicht mehr nur mit dem klassischen Warenkauf zu tun. Der macht zwar noch die Mehrheit der Beschwerden aus. Doch der Ärger mit Dienstleistungen wie Reisebuchungen, Kursbuchungen, Dating-Plattformen, Social-Media und Streaming-Diensten wird größer.
Zwei Trends führen immer häufiger zu Problemen beim Online-Shopping: die Zunahme an unterschiedlichen Abo-Modellen bzw. die Zersplitterung der Rollen bei den Anbietern.
Nicht nur digitale Produkte, sondern auch physische Waren werden zunehmend in einem Abo-Modell angeboten. Dabei werden beispielsweise für wöchentliche Lieferungen von Essensboxen oder für die Mitgliedschaft bei vergünstigtem Mode-Shopping regelmäßige Zahlungen fällig. Meist werden Interessierte mit einem kostenlosen Probeabo gelockt, das dann mit oder ohne deutliche Vorwarnung in ein kostenpflichtiges Abo übergeht, was meist mit automatischen Abbuchungen verbunden ist. Die Betroffenen können das ungewollte Abonnement dann oft nur mühsam beenden.
Kein Ansprechpartner
Das zweite Phänomen, die Zersplitterung der Rollen, zeigt sich beispielsweise bei Reisedienstleistungen. Flüge oder Hotels werden meist über Buchungsplattformen gebucht, über die oft auch die Zahlung selbst abgewickelt wird. Manchmal ist bei der Zahlung auch ein externer Zahlungsdienstleister involviert. Sollte es in dem Vorgang zu einem Problem kommen, werden Betroffene häufig zwischen verschiedenen Ansprechpartnern herumgereicht, die sich für das Problem nicht verantwortlich sehen und auf andere involvierte Akteure verweisen.
"Die Plattform-Ökonomie hat viele neue Geschäftsmodelle eröffnet, die Schattenseiten bergen. Vielfach werden Vermittler als eigentliche Vertragspartner wahrgenommen und Vertragsmodelle werden zunehmend schwerer durchschaubar", sagt Karl Gladt, Leiter der Internet Ombudsstelle.
Ausnutzen von Unkenntnis
Betrug im Netz macht 40 Prozent der Beratungsfälle aus. In Zeiten hoher Inflation spielt das Thema Anlagebetrug eine große Rolle, was oft mit hohen Schadenssummen verbunden ist, die in Extremfällen eine Höhe von mehreren Hunderttausend Euro erreichen können. Aber auch Phishing (das Herauslocken von persönlichen Daten wie Zahlungsmittel- oder Zugangsdaten), das vermehrt via SMS stattfindet (Smishing), hat immer öfter schwere finanzielle Schäden zur Folge. Im Vorjahr versuchten besonders viele Fake-Shops aus der Energiekrise Kapital zu schlagen und nutzten die Unkenntnis der Konsumentinnen und Konsumenten zum Thema Photovoltaik-Anlagen, Zubehör und Brennholz aus. Die Watchlist Internet ergänzt das Angebot der Internet Ombudsstelle und informiert zu aktuellen Betrugsmaschen im Internet. Auch hier steigt die Nachfrage stark an.