Im Strafprozess um die milliardenschwere Pleite des Finanzkonzerns Wirecard will der Hauptangeklagte Markus Braun Anfang kommender Woche im Landgericht München das Wort ergreifen. "Herr Dr. Braun wird das relativ frei vortragen", sagt Brauns Verteidiger Alfred Dierlamm.

Der ehemalige Wirecard-Chef Braun sitzt seit dem Zusammenbruch des Zahlungsabwicklers vor zweieinhalb Jahren in Untersuchungshaft. Er hatte in dieser Zeit lediglich eine knappe Stellungnahme im Wirecard-Untersuchungsausschuss des Bundestags abgegeben. Der frühere DAX-Konzern Wirecard war im Juni 2020 zusammengebrochen, als bekannt wurde, dass in der Kasse 1,9 Milliarden Euro fehlten. Neben Braun auf der Anklagebank sitzen die Ex-Manager Oliver Bellenhaus und Stephan von Erffa. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen Bilanzfälschung, Marktmanipulation, Untreue und Bandenbetrug vor.

Schwere Anschuldigungen

Bellenhaus, der als Kronzeuge gilt und die beiden anderen schwer belastet hat, beschreibt die Vorgänge als gemeinsame Bilanzfälschung, für die Milliardenbeträge erfunden worden seien. Dafür habe man zum Schein sogenannte Drittpartner-Firmen eingerichtet. Dierlamm zeigt sich hingegen überzeugt, dass vorhandene Milliardensummen hinter Brauns Rücken beiseitegeschafft worden seien. Von Erffa hat die Vorwürfe ebenfalls von seiner Anwältin zurückweisen lassen.

Kronzeuge Bellenhaus
Kronzeuge Bellenhaus © APA/dpa/Lukas Barth

Brauns und von Erffas Anwälte versuchten am Mittwoch stundenlang, mit Hunderten Fragen Bellenhaus' Glaubwürdigkeit zu erschüttern. "Haben Sie irgendeinen Sachbeleg dafür, dass Herr Dr. Braun von Manipulationen im Zusammenhang mit dem Wirecard-Drittpartnergeschäft Kenntnis hatte?", fragte Dierlamm ihn. Der Anwalt verlangte von Bellenhaus auch Aufklärung über etliche Millionenzahlungen auf Firmenkonten im Wirecard-Umfeld. Von Erffas Anwältin Stephanie Kamp wollte wissen, auf welches Vermögen Bellenhaus Zugriff gehabt habe.

Bellenhaus, der Braun und von Erffa tagelang als seine Komplizen beschrieben hatte, wollte darauf jedoch am Mittwoch nicht antworten. Er berief sich auf sein Schweigerecht. Bellenhaus' Verteidiger Florian Eder fügte jedoch hinzu, man werde sich die von den Anwälten auch auf 91 Seiten schriftlich eingereichten Fragen noch einmal anschauen. Für Donnerstag haben die Anwälte von Braun und von Erffa ausführliche Stellungnahmen zu Bellenhaus' Äußerungen angekündigt.