Immer mehr Details werden zu der Messerattacke und dem anschließenden Amoklauf eines 41-jährigen Irakers am Montag in Linz bekannt. Der Mann ging zunächst auf seine Ehefrau mit dem Messer los, die Einvernahme des Opfers ergab am Dienstag: Die elfjährige Tochter der Rumänin dürfte ihre Mutter gerettet haben.

Außerdem, so die Polizei, hat sich der Fahrer eines weißen Kastenwagens, der vom mutmaßlichen Täter auf seiner blutigen Flucht bedroht worden war, und dann davongefahren ist, gemeldet. Er soll am Mittwoch einvernommen werden.

Fest stand am Dienstag auch: Die Festnahme des hochgefährlichen Gewalttäters hätte auch in einem Blutbad enden können. Immerhin war der wegen seines hohen Gewaltpotenzials amtsbekannte Mann mit einem Sturmgewehr der Polizei bewaffnet. Dieses hatte er auf seiner Flucht einem verletzten Polizisten entrissen.

Betretungsverbot war ausgesprochen

Der Iraker – er ist seit 2011 und legal in Österreich aufhältig, hat aber auch einen Asylantrag gestellt – war bereits einschlägig amtsbekannt. Mehrmals sei er wegen gewalttätiger Übergriffe auf seine Ex-Frau aufgefallen: Gefährliche Drohungen, Nötigungen und Körperverletzungen sind laut Staatsanwaltschaft aktenkundig. 2016 fasste er eine teilbedingte Haftstrafe aus.

Auch jene 42-jährige Rumänin, die der Mann am Montagmorgen in ihrer Linzer Wohnung in den Bauch und in den Rücken gestochen hatte, hatte bereits ein Betretungsverbot gegen ihren Partner erwirkt. Wie das ORF Radio Oberösterreich am Dienstag berichtete, habe die Rumänin bereits früher mehrmals die Polizei geholt, mehrmals sei der Iraker aus der Wohnung weggewiesen. Im Spätsommer des Vorjahres habe der Mann auch sechs Stunden verpflichtende Gewaltpräventionsberatung absolviert. Er sei dabei "gesprächsbereit gewesen", so Josef Landerl von Neustart Oberösterreich im ORF Radio OÖ. "Zum damaligen Zeitpunkt hatten wir keine Indikationen und konkreten Anlassfälle, um auf einen Hochrisikofall schließen zu können," so Landerl.

Rumänin habe Mann nicht selbst in Wohnung gelassen

Wie die attackierte Frau den Beamten am Dienstag im Spital schilderte, habe sie Montagfrüh mit ihrer Tochter das Haus verlassen wollen. Plötzlich sei ihr Ehemann, gegen den ein gerichtliches Betretungs- und Annäherungsverbot besteht, in der Tür gestanden und habe die beiden in die Wohnung zurückgedrängt. Er habe die Frau gewürgt, woraufhin die Tochter ihren Stiefvater angesprungen sei und versucht habe, ihn zu stoppen. Danach habe er noch dreimal mit einem Messer auf seine Frau eingestochen und sie am Bauch, im Brustbereich und am Oberarm verletzt. Ihr gelang es aber ihr Handy zu fassen und die Polizei zu rufen. Als der Mann das merkte, flüchtete er. Laut Polizei könnte die Tochter die Mutter durch ihr Eingreifen gerettet haben. Betont wird seitens der Exekutive auch, dass die Rumänin den Mann nicht selbst in die Wohnung gelassen habe.

Der vermeintliche Nebenbuhler des Irakers, den er später auf seinem Arbeitsplatz in Pasching aufsuchte und mit zwei Messern bedrohte, kam noch mit dem Schrecken davon. Nicht so ein junger Polizist (26) und seine Kollegin (21), die an einem Kontrollpunkt am Linzer Stadtrand von dem Amokfahrer mit dem Auto voll anvisiert worden waren. Der 26-Jährige gab seiner jüngeren Kollegin noch einen Stoß und verhinderte damit, dass sie von dem Auto frontal erfasst wurde. Er selbst konnte nicht mehr rechtzeitig zur Seite springen, wurde am Gehsteig erfasst, mehrere Meter durch die Luft geschleudert und schwer verletzt. Die Polizistin, die am Fuß vom Auto überfahren wurde, gab am Boden liegend noch einen Schuss aus ihrer Langwaffe ab, verfehlte den 41-Jährigen aber.

Auf seiner Flucht baute der Iraker mehrere Unfälle
Auf seiner Flucht baute der Iraker mehrere Unfälle © FOTOKERSCHI.AT / KERSCHBAUMMAYR

Sturmgewehr geraubt

Was danach passierte, kennt man sonst nur aus Actionfilmen: Der Täter entreißt dem am Boden liegenden schwer verletzten Polizisten sein Sturmgewehr, marschiert damit zu den im Stau stehenden Autos und bedroht deren Lenker. Ein Video, das in den sozialen Netzwerken kursiert, zeigt, wie der Mann mit der Waffe im Anschlag auf einen schwarzen VW Arteon zugeht, den Fahrer zum Aussteigen zwingt und ihm das Fahrzeug raubt.

Mit dem Auto baute der Mann wenig später wieder einen Unfall und konnte nicht mehr weiterfahren. Und so versuchte der Iraker, ein weiteres Fahrzeug zu kapern. Auch diese Szenen sind auf Handyvideos dokumentiert. Man sieht, wie der 41-Jährige den Lenker eines weißen Kastenwagens aus dem Fahrzeug zerren will. Dann fallen mehrere Schüsse, schwer bewaffnete Polizeikräfte rücken an. Schließlich gibt der Gewalttäter auf, geht mit erhobenen Händen in die Knie und lässt sich festnehmen.

So viel ist am Dienstag über den "Showdown" vor dem Hotel Kremstalerhof in Leonding bekannt: Ein bis zwei Schüsse dürfte der Amokläufer abgegeben haben. Eine Ladehemmung an der automatischen Langwaffe könnte verhindert haben, dass der Mann noch öfter abdrückte. Das muss nun ein Schussgutachten klären. Die Polizei schoss insgesamt sechsmal: Zwei davon waren Warnschüsse aus der Dienstpistole eines Polizisten, vier gezielte Schüsse in Richtung des Täters. Diese verfehlten zwar den Mann, zwangen diesen aber letztlich zur Aufgabe.

Zeuge am Mittwoch einvernommen

Die Polizei versucht die Ereignisse des Montags auch anhand von Videos und Fotos zu rekonstruieren, die Zeugen mit ihren Handys gemacht haben. Als wichtiger Zeuge hat sich am Dienstag auch jener Lenker des weißen Kastenwagens, den er zuletzt bedroht hatte, gemeldet. Er soll am Mittwoch einvernommen werden.

Die Einvernahme des mutmaßlichen Täters selbst brachte indes nichts Neues. Er leugnete zunächst alles, dann schwieg er zu dem Fall. Gegen ihn wird wegen versuchten Mordes und schweren Raubes ermittelt.