Bewertung: ***
Ob das Liebesdrama "Eismayer" eine gute Werbung für das österreichische Bundesheer wird, ist fraglich. Denn die reale Titelfigur Charles Eismayer ist auch nach seiner heurigen Pensionierung noch als arger Ausbilder bekannt. Er schreit schon einmal von seinem Hochsitz herunter, wenn die Rekruten bei seiner Garde-Abteilung nicht richtig mit dem Gewehr knallen. Doch hinter der stahlharten Fassade verbirgt sich ein persönliches Geheimnis, das den Vizeleutnant stärker auffrisst als der Krebs, den er schon mehrmals überlebt hat.
Er ist homosexuell und beim Heer war oder ist das ein noch größeres Problem als in der restlichen Gesellschaft. Doch als der offen queere Rekrut Mario Falak seinen Dienst beginnt, ist auch der Macho-Offizier herausgefordert, den Kampf gegen seine eigene Geheimniskrämerei aufzunehmen.
Regisseur David Wagner wagt sich für sein Debüt an diese reale Geschichte lebender Personen – keine ungefährliche Angelegenheit, schließlich existieren schon Homestorys dieser Liebe. Und das tarngrüne Austro-Heer leidet an mangelnder Attraktivität.
Hier fungiert die zackige Soldaten-Welt der 1990er-Jahre geschickt als Kontrast zu den emotionalen inneren Kämpfen des Protagonisten, die sich nicht mit Härte lösen lassen. Die sensiblen und zarten Momente des Films wirken umso besser. Die Sprache mit ihrem Mut zum Dialekt fühlt sich authentisch und lebendig an und die Darsteller, allen voran Gerhard Liebmann und Luka Dimic, überzeugen. Auch die visuelle Umsetzung von Serafin Spitzer hat Kinoformat.
Sowohl der Zuspruch im Ausland seit der Weltpremiere und dem Hauptpreis bei der venezianischen Settimana della Critica als auch die Begeisterung des echten Charles Eismayer rund um die Österreichpremiere bei der Viennale diese Woche gibt ihm recht. "Eismayer" hat das Potenzial, hierzulande ein populärer Spielfilm zu werden – neben "Bros" der zweite schwule Mainstream-Liebesfilm diese Woche. Trotz seiner typisch österreichischen Problemorientierung und auch im Film spürbarer Betonung der Wichtigkeit des Themas, die Spannung, Coolness und die filmische Illusion zuweilen etwas aushebeln.
Wagner schreibt seinen starken Figuren einige starke Szenen und findet sogar einen dramatisch inszenierten filmischen Höhepunkt in einer an sich vorbestimmten Story. Das ist keine Kleinigkeit. Und über solch positiven Meldungen freut sich auch ganz offiziell das österreichische Bundesheer.
Marian Wilhelm