Lokalmatador Dominic Thiem hat beim Wiener Stadthallen-Tennisturnier einen hart erkämpften Auftakterfolg gefeiert. Der 29-Jährige besiegte den US-Amerikaner Tommy Paul nach einem aus seiner Sicht katastrophalen ersten Satz 2:6, 7:6(2), 7:6(6). Damit stellte er im Head-to-Head auf 2:0. Im Achtelfinale trifft der Erste-Bank-Open-Sieger von 2019 am Donnerstag auf den Sieger der Mittwoch-Partie zwischen dem topgesetzten Russen Daniil Medwedew und dem Georgier Nikolos Basilaschwili.
Thiem reihte den Sieg über Paul im On-Court-Interview auf seiner Wien-Hitliste ganz nach oben, noch über seine Leistung bei der knappen Niederlage als 20-Jähriger gegen den Franzosen Jo-Wilfried Tsonga vor neun Jahren. "Das Tsonga-Match war immer ganz, ganz besonders. Das Match heute hat das Match von 2013 aber verdrängt, da es das erste Match in meiner zweiten Karriere war nah meiner Verletzung", erklärte der Publikumsliebling. "Es wäre eine Riesenenttäuschung, wenn ich das Match verloren hätte. Deswegen bin ich überglücklich, dass ich es gewonnen habe."
Thiem vermied in der 2:55-Stunden-Partie mit einer im Matchverlauf starken Steigerung seine insgesamt dritte Auftaktniederlage in Wien nach 2014 und 2015, bei zwölf Antreten steht er zum elften Mal im Hauptbewerb. Nach seinem Triumph vor drei Jahren schied Thiem 2020 im Viertelfinale gegen den Russen Andrej Rublew aus. Im Vorjahr musste der US-Open-Sieger 2020 wegen seiner Handgelenksverletzung passen. Nun darf er weiter auf seine Rückkehr noch diese Woche in die Top 100 hoffen, der aktuell 113. hat sich im Live-Ranking vorerst auf Position 107 verbessert.
Der Auftakt in sein zweites Duell mit Paul in einer mit 7700 Zuschauern gut gefüllten Halle verlief für Thiem miserabel. Im Auftaktspiel fabrizierte er zwei Doppelfehler, nach zwölf Minuten lag er 0:4 zurück. Bei seinen beiden bis dahin gespielten Aufschlagspielen war ihm kein einziger Punkt gelungen. Danach ging es mit dem Aufschlag, doch der Satz war weg. Nur elf der 37 ausgespielten Punkte waren an Thiem gegangen.
Thiem mit erfolgreicher Aufholjagd
Doch im zweiten Durchgang fand der Niederösterreicher mehr und mehr zu seinem Spiel, das zu Beginn offen zur Schau gestellte Selbstvertrauen Pauls begann auch ein wenig zu bröckeln. Der 25-Jährige ließ sich aber auch von drei Breakbällen gegen sich nicht überrumpeln, vergab jedoch auch selbst drei Möglichkeiten zur Vorentscheidung. In einem Match auf mittlerweile hohem Niveau ging es so ins Tiebreak. In dem gab Thiem vor einer jubelnden Menge den Ton und verwertete seine zweite Chance zum Satzausgleich.
Der 17-fache Gewinner von Tour-Events blieb am Ball und erarbeitete sich gleich zu Beginn des dritten Satzes zwei Breakchancen. Paul freilich zog den Kopf aus der Schlinge, und der Weltranglisten-30. drehte den Spieß um. Wie schon bei seinen ersten beiden Breaks gelang ihm das Durchbrechen von Thiems Service zu Null, wobei dieser den Hänger mit einem Doppelfehler perfekt machte. Später war Thiem nur einen Punkt von einem 1:5 entfernt, startete aber in Folge eine Aufholjagd. Im Tiebreak führte er 3:0, wehrte nach 4:6 Matchbälle ab – zum bereits vierten Mal nach Gstaad, Winston-Salem und Antwerpen – und gewann doch noch.
Thiem: "Ich habe es so sehr vermisst"
Danach genoss Thiem die Ovationen. "Ich habe es so sehr vermisst. Es war lange her, viel zu lange. Es war absolut unglaublich. Es ist stimmungsmäßig eine Fortsetzung des 2019er-Finalmatches." Der Sieg war für ihn einer der Fans. "Ohne eure Unterstützung hätte ich nicht gewonnen. Es war schwierig. Ich bin das ganze Match hinterhergelaufen, habe einen schrecklichen Start erwischt. Die Bedingungen sind eigen, ich war auch nervöser als sonst. Ich war gefühlt das ganze Match der schwächere Spieler. Ich hätte mich nicht beschweren dürfen, hätte ich das Match verlaufen."
Thiem war zuletzt in Gijon und Antwerpen jeweils bis ins Halbfinale gekommen und hatte sich als aktuell Ranking-113. seinem Top-100-Ziel gut angenähert. Noch am Samstag hatte Österreichs Nummer eins in Belgien um den Finaleinzug gespielt, für den oft mit Startproblemen kämpfenden Thiem war wohl auch das diesmalige Fehlen der Vorbereitungszeit in der Match-Halle Faktor für die Mühe. Das erste Duell mit Paul hatte er unter anderen Vorzeichen und anderen Bedingungen in der ersten Runde der French Open 2019 in vier Sätzen für sich entschieden.
Die Chancen, dass mit Dennis Novak noch ein Österreicher ins Achtelfinale kommt, stehen nicht sehr gut. Denn der Niederösterreicher muss in der zweiten Mittwoch-Partie nach 14:00 Uhr gegen den als Nummer zwei gesetzten Griechen Stefanos Tsitsipas ran. Im Anschluss daran (nicht vor 17:30 Uhr) trifft Medwedew auf Basilaschwili. Der Steirer Filip Misolic war am Montag gegen den Argentinier Francisco Cerundolo ausgeschieden, der Niederösterreicher Jurij Rodionov am Dienstagnachmittag gegen den Kanadier Denis Shapovalov.