"Wir alle müssen endlich anfangen zu lernen, unser Steuergeld wieder mehr zu schätzen", sagt Magnus Brunner in seiner ersten Budgetrede. Und verabschiedet sich – zumindest rhetorisch – von dem "Koste es, was es wolle"-Slogan seines Vorgängers Gernot Blümel: "Ja, 'whatever it takes!' Aber in meiner Definition heißt das nicht 'koste es, was es wolle', sondern das Notwendige zur Verfügung stellen", so der Finanzminister.
Was das Budget 2023 freilich nicht davon abhält, die nominell höchsten Ausgaben der Geschichte vorzusehen. Die Ausgaben des Staates steigen gegenüber 2022 um 7,6 auf 115,1 Milliarden Euro, die Einnahmen durch die Inflation um 13,7 auf 98,1 Milliarden Euro. In Summe macht der Staat damit planmäßig 17 Milliarden Euro neuer Schulden.
Kommentar
"Nicht die Zeit, über ein Nulldefizit zu reden"
Geprägt ist das Budget allerdings von großen Unsicherheiten über die weitere Entwicklung auf den Energiemärkten, bei der Teuerung und in der Ukraine ist das erste Budget von Finanzminister Magnus Brunner geprägt. "Die Lage ist außerordentlich volatil, wir konnten uns nur auf vorhandene Zahlen bei der Planung stützen", meinte Brunner am Vorabend seiner ersten Budgetrede vor Journalisten auf die Frage über mögliche neue, milliardenschwere Hilfspakete für Betriebe und Bürger. "Es ist nicht die Zeit, über ein Nulldefizit zu reden", so der ÖVP-Politiker.
Brunner machte gleich zu Beginn klar, dass die harten Zeiten wohl noch einige Zeit bleiben: "Die Aufgaben, die wir zu bewältigen haben, sind historisch." Die Krise sei anscheinend ein ständiger Begleiter unseres Alltags geworden. So werde etwa die hohe Inflation die Österreicher "natürlich noch länger begleiten".
Die gute Nachricht aus Sicht des Ministers: "Wir stemmen uns nicht nur gegen die Krise, wir investieren aus ihr heraus." Anspruch der Regierung sei, "dass Österreich nicht nur gut durch diese schwierigen Zeiten kommt, sondern dass Österreich daran wächst".
"Lieber ein paar Feuerlöscher zu viel als ein Flächenbrand"
Überhaupt verteidigte der Finanzminister die staatlichen Hilfen. Vielleicht gehe man bei der einen oder anderen Maßnahme zu sehr in die Breite, jedoch sei die Krise mittlerweile auch im Mittelstand angekommen: "Lieber verteilen wir ein paar Feuerlöscher zu viel als einen Flächenbrand zu riskieren."
Doch nicht jeder Vorschlag zur Krisenbewältigung sei sinnvoll. "Nicht alles, was populär ist, ist auch vernünftig", meinte Brunner zu Forderungen der Opposition etwa nach einem Strompreisdeckel. Durch den liberalisierten europäischen Strommarkt würde man so nämlich mit österreichischem Steuergeld auch den Strom in Bayern, Italien, Tschechien oder Ungarn vergünstigen.
Besonderes Kopfzerbrechen bereitet dem Finanzminister der dramatische Anstieg bei der Verzinsung von Staatsanleihen. "Die Verzinsung ist massiv nach oben gegangen. Das bereitet mir Sorge." Zudem gehe in diesem Punkt die Schere zu Deutschland auseinander. 2022 waren 4,4 Milliarden für die Zinsrückzahlung im Budget vorgesehen, 2023 sind es bereits 8,7 Milliarden, der Posten hat sich verdoppelt.
Mehr für Heer, Entlastung, Polizei
Zu den einzelnen Eckpunkten: Im nächsten Jahr will der Bund 115 Milliarden Euro ausgeben, ein Budget in dreistelliger Milliardenhöhe war noch nie geplant. Bis 2026 machen die Zusatzausgaben für Zinsen 11,1 Milliarden aus, für Pensionen 8,9 Milliarden, für Entlastung und Antiteuerung 7,8 Milliarden, das Heer 5,3 Milliarden, den gesamten Transformationsbereich 4,9 Milliarden (EAG ist nicht inkludiert, weil aus einem Sondertopf finanziert), für die Polizei 1,7 Milliarden. Zusätzliche Ausgabentreiber sind die beschlossene Valorisierung der Sozialausgaben sowie die Einführung der kalten Progressionen.
Am auffälligsten ist wohl der massive Anstieg des Schuldenstands. 2019 lag dieser noch bei 280,5 Milliarden, im nächsten Jahr klettert er auf 366,9 Milliarden. 2026 kratzt Österreich an der 400-Milliarden-Grenze (393,9). "Die Dimensionen sind in den letzten Jahren verschoben worden", verteidigt sich Brunner. "Wir müssen das Steuergeld wieder schätzen lernen. Das müssen wir zurückgewinnen."
Von den 115 Milliarden verschlingen das meiste Geld die Pensionssicherung (13,95 Milliarden) und die Beamtenpensionen (11,53 Milliarden). 11,25 Milliarden werden für die Bildung aufgewendet, 9,27 Milliarden für den Arbeitsmarkt, 8,12 Milliarden für die Familien und Jugend. Österreich ist und bleibt ein Sozialstaat. Von den 115 Milliarden gehen 50,77 Milliarden in die Bereiche Arbeit, Soziales, Gesundheit und Pensionen.
Die Sanierung des Staatshaushalts ist angesichts der aktuellen Lage Zukunftsmusik. "Wenn die Krise vorbei ist, müssen wir zu nachhaltigen Budgets zurück, allerdings nicht aus Selbstzweck, sondern um Spielräume für neue Krise zu schaffen."